Süddeutsche Zeitung

Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Kinder in guten Händen

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Seit Januar betreibt die gemeinnützige Fortschritt GmbH ihre Großtagespflege im ehemaligen Siegertsbrunner Rathaus. Inklusion und Elternarbeit sind dem Träger besonders wichtig.

Von Antonia Hofmann, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Howie schläft. Lang gestreckt, entspannt und friedlich liegt er in den Armen seiner Tagesmutter, auf ihm Stofftiere, um ihn herum spielen die anderen Kinder. Der fast Eineinhalbjährige lässt sich an diesem Vormittag nicht stören. Situationen wie diese zeigen Lisa Matthie, dass sich die Kinder in der neuen Großtagespflege an der Bahnhofstraße wohlfühlen. Seit Januar leitet sie die zwei neuen Einrichtungen der gemeinnützigen Fortschritt GmbH im ehemaligen Siegertsbrunner Rathaus.

Die Großtagespflege ist die erste ihrer Art in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Ähnlich wie in einer Krippe werden die Kinder hier betreut - nur geht es in den Gruppen in den beiden Wohnungen kleiner und familiärer zu. Es sei einfach ruhiger und entspannter, erklärt Matthie. Die Tagesmütter und Erzieherinnen könnten individueller auf die Kinder eingehen. "Wir arbeiten situationsorientiert", sagt sie. Man reagiere auf das, was die Kinder vorgeben.

Die Fortschritt gGmbH wurde Mitte der Neunzigerjahre als Elterninitiative in Starnberg mit dem Leitbild der Konjunktiven Förderung, einem ganzheitlichen Konzept für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, gegründet. Heute betreibt der Träger in Oberbayern mehr als 25 Heilpädagogische Tagesstätten und Kindertagesstätten. Behindertenarbeit und Inklusion sind wichtiger Bestandteil des Konzepts, erklärt Gerald Kubik, Leiter Tagesstätten von Fortschritt.

Auch in Höhenkirchen-Siegertsbrunn können bei Bedarf Kinder mit Handicap betreut werden. Ein weiteres Augenmerk legt der Träger auf intensive Elternarbeit. Ihnen müsse man früh klarmachen, wie wichtig Bildung sei, sagt Kubik. Und Bildung nur mit Schule gleichzusetzen, "ist eine fatale Assoziation. Bildung beginnt mit null Jahren".

Eine familiäre Atmosphäre entsteht in der neuen Großtagespflege allein durch die Raumaufteilung. Große Gemeinschaftstoiletten oder Essensräume gibt es nicht, Bad, Küche, Schlaf- und Gruppenzimmer sind liebevoll eingerichtet, über Garderobenhaken und Zahnbürsten hängen Fotos der Kinder mit ihren Familien. Schnell vergisst man, in welch geschichtsträchtigen Wänden man sich hier bewegt. Nur zwei Stufen in einer der beiden Wohnungen, die in ein kleines Esszimmer führen, sind Relikte des Sitzungssaals aus dem früheren Rathaus.

Im Ort gut angekommen

Wegen des drängenden Bedarfs an Kinderbetreuungsplätzen hatte die Gemeinde die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Die Wohnungen wurden renoviert, im Januar konnte die erste, im Februar die zweite Gruppe einziehen. Höhenkirchen-Siegertsbrunn habe er bei der Kinderbetreuung als "eine sehr engagierte Gemeinde" erlebt, sagt Kubik. "Es ist nicht immer so selbstverständlich, dass eine Gemeinde links und rechts mehr macht, als sie müsste."

Mit der Großtagespflege sei man im Ort nun "gut angekommen", meint er. Zu zweit betreuen die Mitarbeiterinnen die beiden Gruppen mit momentan jeweils vier Kindern. Für jede Tagespflege sucht der Träger noch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater. Und das Konzept Großtagespflege findet in Höhenkirchen-Siegertsbrunn Gefallen: Viele Eltern, die von der Einrichtung hören, seien neugierig und wollten sich die Räume anschauen, erzählt Lisa Matthie. Später sollen hier insgesamt einmal bis zu 20 Kinder im Alter von zehn Monaten bis drei Jahren aufgenommen werden.

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Quelle:
SZ vom 27.03.2017
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