Süddeutsche Zeitung

Hitzewelle:Erfrischung für die Fische

Lesezeit: 3 min

Weil sich der Deininger Weiher extrem aufgeheizt hat, ist kaum noch Sauerstoff im Wasser. Katastrophenschützer rücken mit Pumpen an, um ein Fischsterben zu verhindern.

Von Martin Mühlfenzl, Straßlach-Dingharting

Das beständige Rauschen ist schon vom Parkplatz aus zu hören. Ein konstantes Brausen, das hier eigentlich nicht hergehört. Das weiß jeder, der schon einmal im Deininger Weiher schwimmen war. Das wissen vermutlich auch die Enten, die seelenruhig am Ufer im Schatten sitzen und das eigene Gefieder mit dem Schnabel zurecht zupfen. Wahrscheinlich ist es den Enten an diesem Mittwochnachmittag einfach zu heiß für einen Sprung in das wirklich nicht mehr kühle Nass des beliebten Badesees.

Das Rauschen, das einem sofort auffällt, ist seit Montagnachmittag durchgehend zu hören. Morgens, nachmittags, abends, in der Nacht. Es rührt von fünf Pumpen am Ostufer des Weihers her, die in der Minute 21 000 Liter aus dem See ansaugen und mit Sauerstoff gefüttert wieder in auf die Oberfläche des Gewässers zurückpumpen. Damit wird der Weiher voraussichtlich noch bis diesen Donnerstagabend umgewälzt, so der Fachbegriff. Der Sauerstoffgehalt des Deininger Weihers wird damit kontinuierlich erhöht, um ein Fischsterben zu verhindern. Bisher mit Erfolg.

Da sich die Temperatur des Deininger Weihers immer weiter erhöht habe, erzählt Sebastian Schöttner, habe die Feuerwehreinsatzzentrale des Landkreises am Montagnachmittag den ABC-Zug angefordert, den er leitet. Am 30. Juli meldete das Landratsamt für den Moorsee 28 Grad - exakt zwei Wochen zuvor waren es gerade einmal 20 Grad gewesen. Die Wassertemperatur ist seitdem nicht gesunken. Der See inmitten des Naturschutzgebietes drohte langsam zu kippen.

Nachdem der Anruf der Feuerwehreinsatzzentrale eingegangen war, sagt Schöttner, habe die Einheit des Katastrophenschutzes "sofort die Sachen gepackt". Mit im Gepäck: die Feuerwehrpumpen, die schon bei Hochwasser im Hachinger Tal oder in Deggendorf im Einsatz waren. "Die sind eigentlich dafür da, Wasser raus zu pumpen", sagt Schöttner am Ostufer des Sees und zeigt auf die Fontänen, die aus den Öffnungen heraus auf die Wasseroberfläche niederrauschen. "Aber wir haben Spezialvorrichtungen, mit denen das Wasser auch wieder eingeleitet werden kann, um zum Beispiel hier einen Weiher umzuwälzen."

Die Schläuche, durch die das Wasser transportiert wird, sind mit etwa 20 Zentimetern Durchmesser deutlich dicker als normale Feuerwehrschläuche und um die 30 Meter lang. Es ist ein nicht zu unterschätzender Aufwand, den der ABC-Zug mithilfe des Ortsverbands München-Land des Technischen Hilfswerks hier leistet - auch personell. Denn die Pumpen laufen seit Montag 24 Stunden am Tag, vom ABC-Zug sind immer mindestens zwei Mitarbeiter vor Ort. Alle 24 Stunden muss der Generator aus der mobilen Tankstelle des THW nachgefüllt werden.

Den ersten großen Erfolg konnten die Katastrophenschützer noch am Montagabend selbst beobachten. "Es hat zwei Stunden gedauert, dann sind im Wasser nahe den Pumpen die ersten großen Schatten aufgetaucht", erzählt Schöttner. "Die Fische haben gemerkt, dass der Sauerstoffgehalt steigt, das hat sie direkt angelockt." So dicht an die Pumpen heran müssen die Fische nicht mehr kommen.

Schöttner zeigt mit ausgestreckter Hand auf die Mitte des Deininger Weihers; dort ploppen immer wieder kleine Blasen auf. Sauerstoff - Lebenselexier auch für die Bewohner unter Wasser. Insgesamt 48 Stunden lang hat es laut Schöttner gedauert, den Weiher einmal komplett umzuwälzen. 5000 Liter Wasser schafft eine Pumpe in der Minute - so viel wie in zwölf Badewannen passen.

Der Deininger Weiher ist als Moorsee und wegen seines großen Fischbestandes besonders gefährdet. Doch auch in anderen Seen des Landkreises München werden dieser Tage Rekordtemperaturen gemessen. 28 Grad im Heimstettener See und im Garchinger See, ebenso im Taxetweiher bei Ismaning. Auffälligkeiten habe es in diesen Seen aber bisher nicht gegeben, teilt das Landratsamt mit. Auch die Zerkarien, winzige Larven von Saugwürmern, die früher immer wieder Badegäste geplagt haben, seien in diesem Sommer noch nicht vorgekommen.

Während das Rauschen der Pumpen anhält und der See Stück für Stück weiter umgewälzt wird, ziehen die Schwimmer im Deininger Weiher unbeirrt ihre Kreise. Auch das Wirtshaus ist bestens besucht; am Kiosk stehen Kinder Schlange. "Ist schon warm. Aber passt schon", sagt ein Bub und schleckt an seinem Eis weiter. An diesem Donnerstagabend werden die Katastrophenschützer voraussichtlich alles wieder abbauen. Es sind "schwere Gewitter" vorhergesagt, sagt Katastrophenschützer Schöttner. "Wir werden abziehen. Den Rest erledigt dann wieder die Natur, und das ist auch am besten so." Dann wird es zumindest nachts wieder still am Deininger Weiher.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4086269
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.08.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.