Süddeutsche Zeitung

Haar:Silbertablett abserviert

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Haar fehlt ein Supermarkt in der Ortsmitte, doch Pläne für die Leibstraße gefallen nicht

Von Bernhard Lohr, Haar

So viel Einigkeit ist selten: In Haar hat eine ganz große Koalition aus SPD, CSU und Grünen vorgelegte Pläne für ein Geschäftshaus samt Supermarkt an der Kreuzung Leibstraße und B 304 abgelehnt. Völlig verworfen ist das Projekt damit nicht. Denn anders als die CSU, die sich grundsätzlich gegen das Vorhaben an dieser Stelle aussprach, signalisierten SPD und Grüne unter gewissen Bedingungen Bereitschaft, das Ganze doch noch zu befürworten. Allerdings müssten die Pläne deutlich abgespeckt werden. Ein Markt an dieser Stelle entspräche einem lange gehegten Wunsch in Haar und auch unter Geschäftsleuten an der Leibstraße.

Selten wurde in Haar ein Ereignis derart beklagt wie im Jahr 2013 der Wegzug des Tengelmann-Marktes aus der inneren Leibstraße. Seit auch noch der Norma am Bahnhof zusperrte, sind ausgerechnet im Zentrum die Dinge des täglichen Bedarfs nicht mehr zu bekommen. In der Folge galt die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts als vordringliches Ziel. Ein Magnet sollte her, der Kunden in die Leibstraße zieht und von dem auch die anderen Geschäfte profitieren. Nun bekamen die Gemeinderäte die Lösung auf dem Silbertablett serviert - und lehnten sie ab. Und das sogar gegen die Empfehlung der Verwaltung, die nach den bisher vorliegenden Untersuchungen zu möglichen Beeinträchtigungen durch Lärm, mehr Verkehr und auch zu städtebaulichen Fragen unter gewissen Vorbehalten dafür ausgesprochen hatte.

Doch den Gemeinderäten war der geplante Bau zu massiv. Alexander Zill (SPD) beklagte, das Areal würde bis zur Grenze bebaut, die gemeindlichen Bemühungen für einen Radweg wären am Ende. Es würde der "unbefriedigende Zustand zementiert". Dietrich Keymer (CSU) sprach sich aus ähnlichen Beweggründen "ganz grundsätzlich" gegen das Geschäftshaus samt Supermarkt aus. Die Bebauung sei zu dicht, die Straße in dem Bereich "verkehrsmäßig mehr als überlastet". Werner Kozlik (Grüne) beklagte den Verlust von Bäumen.

Der Investor, der Mitte Januar beim Rathaus den Antrag für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Grundstück Leibstraße 4 und Wasserburger Straße 19 eingereicht hat, möchte ein Gebäude mit zwei Geschossen und einem zurückgesetzten Dachgeschoss schaffen. Im Erdgeschoss gäbe es einen Supermarkt samt Backshop mit 770 Quadratmetern. Von einem Rewe-City-Markt ist die Rede. Im Ober- und im Dachgeschoss entstünden elf Wohnungen mit 750 Quadratmetern Wohnfläche. Eine Tiefgarage für 45 Fahrzeuge würde es geben und 40 Fahrradstellplätze. Die Tiefgarageneinfahrt läge an der Leibstraße an der hinteren, von der B304 entfernten Seite des Gebäudes. Der Markt würde von der B 304 aus angeliefert.

Die tendenziell positive Würdigung der Pläne durch die Verwaltung fußt auf Gutachten etwa zum Immissionsschutz. Es wurde lediglich geraten, die Anlieferzone einzuhausen. Das angebotene Sortiment würde dem gemeindlichen Einzelhandelskonzept entsprechen, das die Leibstraße und weite Teile des Umfelds von Bahnhof und Rathaus als Innenstadt ausweist. Auch das Architekturbüro Goergens und Miklautz erteilte sein Plazet. Ein dominanter Bau an der Ecke wäre in Ordnung.

Doch das beeindruckte die Gemeinderäte nur wenig. Laut CSU-Fraktionschef Keymer gibt es Ideen für einen Lebensmittelmarkt an anderer Stelle. Zweite Bürgermeisterin Katharina Dworzak (SPD), die die Sitzung leitete, und Bauamtsleiter Josef Schartel zeigten einen Weg auf, wie eine Zustimmung von SPD und Grünen zu den vorliegenden Plänen noch erreicht werden könnte. So soll geprüft werden, ob der Backshop entfallen kann. Auch will man noch mal die Verkehrserschließung anschauen und die Flächenversiegelung reduzieren.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2019
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