Süddeutsche Zeitung

Haar:Punktueller Lärmschutz

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In Gronsdorf plant die Bahn eine 700 Meter lange Wand an den Gleisen. Anderswo in Haar ist das nicht vorgesehen, obwohl auch hier bald mehr Güterzüge fahren.

Von Bernhard Lohr, Haar

Es klingt fürs erste nach einer erfreulichen Nachricht für Haar: Während Trudering und angrenzende Kommunen wie Vaterstetten und Zorneding leer ausgehen, kann sich Haar auf den Bau einer Lärmschutzwand auf der Nordseite der Bahntrasse einstellen. Infolge des Ausbaus der Zulaufstrecken, auf denen nach Fertigstellung des Brenner-Basistunnels deutlich mehr Güterzüge verkehren sollen, soll der Lärmschutz zwischen München und Rosenheim verbessert werden. In Haar entstünde nach einer aktuellen Studie der DB Netz AG, die Grundlage des Ausbaus werden soll, auf 700 Metern Länge eine drei Meter hohe Wand. Profitieren würde davon aber nur Gronsdorf.

Weite Teile des nördlichen Gemeindegebiets von Haar bleiben bei diesem "ergänzenden Schallschutz", wie es im Jargon der Deutschen Bahn heißt, außen vor. Das heißt, dass Eglfing und auch das große neue Wohngebiet im Jugendstilpark, in dem alleine in wenigen Jahren 2000 Menschen leben werden, schutzlos dem Bahnlärm ausgesetzt bleiben werden. Und das bei steigendem Zugverkehr. Der Brenner-Basistunnel wird wohl im Jahr 2026 in Betrieb gehen. Dann werden einer Prognose der Bahn zufolge in Kiefersfelden um die 300 Züge fahren, also 60 Prozent mehr als bisher.

Ein Teil davon wird über München verkehren. Ein "bedarfsgerechter Ausbau" der Trasse München-Rosenheim ist angepeilt, wie es heißt. Es sei bei entsprechender Optimierung der Strecke "noch etwas Luft" für mehr Züge, sagt Michael-Ernst Schmidt, als Sprecher der Deutschen Bahn zuständig für Großprojekte. Wie viele Züge in Haar im Jahr 2026 erwartet werden, ist nicht prognostiziert.

Es wird also lauter werden an der Strecke. Im Zuge der nun präsentierten Studie wurden die Gemeinden entlang der 100 Kilometer langen Strecke von München nach Kiefersfelden laut Deutscher Bahn im Sommer 2016 gehört. Sie konnten bei Ortsterminen melden, wo aus ihrer Sicht Nachbesserungsbedarf beim Lärmschutz an der Trasse besteht. Schmidt sagt, dabei habe die Bahn anders als sonst bei Lärmsanierungen an Bestandsstrecken bewusst die sogenannte 74er-Regel außer Acht gelassen und auch Gebäude berücksichtigt, die nach 1974 errichtet worden seien. Das Schutzziel sei mit 55 Dezibel nachts höher als sonst üblich angesetzt. Es werde nicht zwischen Wohn- und Mischgebiet unterschieden und bestehender passiver Lärmschutz - also Schallschutzfenster - werde nicht berücksichtigt.

"Wir werden natürlich protestieren."

Was sich großzügig anhört, hat aber in Haar nur zu Verbesserungen in Gronsdorf geführt. Dass die Bahn gerade in Gronsdorf - nicht aber in Eglfing - Handlungsbedarf sieht, erklärt sich Schmidt damit, dass im Jugendstilpark bei der Betrachtung im Sommer 2016 gar kein Baurecht bestanden habe. Über künftige Bebauung habe man nicht zu urteilen gehabt. Schmidt schließt nicht aus, dass an der Studie noch nachgebessert wird. "Wir können nichts versprechen", sagt er. Aber der Zeitpunkt sei noch passend, um auf etwaige Defizite hinzuweisen und die Untersuchung abzuklopfen. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) kündigt auch an, den in der Studie fixierten Lärmschutz als mangelhaft anzuprangern: "Wir werden natürlich protestieren", sagt sie.

Auch wenn der Gemeinderat in Haar dieser Tage einen Bebauungsplan für den Jugendstilpark beschließt und absehbar ist, dass 2000 Menschen dort wohnen werden, ist fraglich, ob eine Lärmschutzwand etwas bringen würde. Wie es aus dem Haarer Bauamt heißt, ist bei der Besprechung mit den Bahn-Vertretern im Sommer 2016 deutlich geworden, dass eine Drei-Meter-Wand für weiter von der Trasse abgelegene Wohnsiedlungen wohl keine Verbesserung bringen würde.

Sobald die Machbarkeitsstudie abgeschlossen ist, wird sie dem Bahn-Sprecher zufolge an das Bundesverkehrsministerium weitergeleitet. Bund und Freistaat schließen dann eine Finanzierungsvereinbarung ab, danach kann der Bau der Lärmschutzwände beginnen. "In den nächsten fünf Jahren wird man sicher Dinge sehen können", sagt Schmidt. Nach bisherigem Stand in Haar-Gronsdorf aber nur nördlich der Trasse vom Rappenweg 237 bis zur Großfriedrichsburger Straße 1, also am Gronsdorfer Bahnhof, dort, wo auch der Schulcampus entstehen soll. Nicht sehen wird man, wenn die Bahn auch im Bereich Haar die Gleise speziell nachschleift, um rumpelnde Güterzüge zu vermeiden. Einen großen Effekt erwartet Schmidt durch das neue Schienenlärmschutzgesetz, das vom Fahrplanwechsel im Dezember 2020 an einen Schallemissionswert festgelegt, den nur moderne Güterwagen erreichen. Die seien dann nur noch "etwas lauter als ein Personenzug", sagt er. Insgesamt sei in Haar schon viel in die Lärmsanierung gesteckt worden.

Die 700 Meter lange und drei Meter hohe neue Lärmschutzwand in Haar soll 1,1 Millionen Euro kosten. In der Vergangenheit hat die Gemeinde auf eigene Kosten für 3,5 Millionen Euro die Lärmsanierungs-Pläne der Bahn auf der Südseite optimiert und eine durchgehende, 2,9 Kilometer lange Lärmschutzwand errichten lassen. Einen Kilometer zahlte davon der Bund. Auch setzte die Gemeinde durch, dass die Wand von zwei auf drei Meter erhöht wurde.

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SZ vom 28.03.2017
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