Süddeutsche Zeitung

Feiern:Blasmusik im Valentinspark

Lesezeit: 3 min

Die Stadt Unterschleißheim will heuer als Ersatz für das Volksfest ein deutlich kleineres Event organisieren. Vorbild ist unter anderem das Magdalenenfest im Münchner Hirschgarten.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Mehr Tradition geht fast nicht. Nicht einmal das Münchner Oktoberfest kann da mithalten. Das Magdalenenfest im Hirschgarten geht sogar auf das Jahr 1728 zurück, als im Schlosspark Nymphenburg die Magdalenenklause eingeweiht wurde. Fortan wurde zum Namenstag der Patronin am 22. Juli der Park dem sogenannten einfachen Volk zugänglich gemacht. Heute wird im Hirschgarten gefeiert, mit Kettenkarussell, Buden und Wirtsgarten. Das ist jetzt Vorbild für Unterschleißheim, das im Herbst ein ähnliches, etwas ruhigeres, bürgernahes Fest im Valentinspark ausrichten möchte.

Denn auch dort zieht es im Jahr zwei der Corona-Pandemie die Schausteller und Budenbetreiber in den Park. Der Hauptausschuss des Stadtrats hat am Mittwochabend einen Antrag der Schausteller-Familie Kurt Geier mit einer Mehrheit von sieben zu vier Stimmen angenommen, als Ersatz für das Lohhofer Volksfest im Valentinspark in abgespeckter Form ein Fest auszurichten. Dieses soll rein mit akustischer Musik, Wirtsgarten und Fahrgeschäften nur am Rande stattfinden. Um 22 Uhr soll Schluss sein. Vom 17. September bis 3. Oktober könnte das gehen.

Die Grünen kritisierten die Pläne, weil sie befürchten, der Park könnte Schaden nehmen. Das Fest sollte ihrer Meinung nach auf dem Volksfestplatz stattfinden. Der Park sei als "grüne Oase" zu schützen. Damit setzten sie sich nicht durch. Als Gegenargument wurde unter anderem das Magdalenenfest angeführt. Der Unterschleißheimer Schausteller Kurt Geier, der das Konzept für den Valentinspark erstellt hat, ist selbst auf dem Magdalenenfest vertreten und hat Erfahrungen mit kleineren, neuen Festformaten. Er stellt sich mehrere Fahr- und Vergnügungsgeschäfte vor, die am Rande des Parks aufgestellt werden sollen, sowie eine separat umzäunte, teilweise überdachte Biergartenfläche. Die Blasmusik soll ohne Verstärker auskommen. Soweit möglich sollen andere Schausteller und Budenbetreiber vom Lohhofer Volksfestes einbezogen werden. Geiers Vorschläge beruhen auf den kleinen Volksfesten, die 2020 mancherorts in Bayern bereits stattgefunden haben. In Unterschleißheim klappte das nicht, weil auf dem Volksfestplatz das Testzentrum errichtet wurde. Mittlerweile steht dort auch das Impfzentrum.

Die Grünen wollten dennoch das Fest lieber auf dem Volksfestplatz haben, weil dort nach Wegzug eines Zirkus, der dort monatelang gestrandet war, wieder etwas mehr Platz ist. Stadträtin Brigitte Huber nahm Bezug auf eine kritische Anmerkung auch der Grünanlagen-Verwaltung und sagte, sie fürchte um eine Vermüllung und um Schaden für die Grünflächen im Valentinspark. Jürgen Radtke warnte davor, die Auswirkungen zu verharmlosen. Ein Vergleich mit kleineren Veranstaltungen wie einem Zeltfestival vor Jahren im Valentinspark führe in die Irre. Doch mit ihren Bedenken waren die Grünen ziemlich alleine. Heidi Schiedermeier, Leiterin des Sachgebiets Märkte und Volksfest im Rathaus, sagte: "Das Ganze wird keinen Volksfestcharakter haben." Ordnungsamtschef Wolfgang Streidl warnte vor Konflikten, wenn die Festveranstaltung am selben Ort wie das Test- und Impfzentrum platziert werde. Der Platz dort sei auch ohne Zirkus nach wie vor knapp, weil Parkplätze am Impf- und Testzentrum benötigt würden. Bürgermeister Christoph Böck (SPD) wies es als Fehleinschätzung zurück zu glauben, im Valentinspark werde ein "Ersatzvolksfest" ausgerichtet. Das Fest werde deutlich kleiner sein, auf einer Teilfläche des Parks. Es gehe darum, den Bürgern etwas zu bieten, aber auch den besonderen Umständen der Pandemie gerecht zu werden.

Einige Stadträte haben sich mit Vertretern der Verwaltung etwa das "Sommer dahoam"-Fest in Vaterstetten angeschaut, das 2020 nach einem ähnlichen Konzept organisiert wurde. Brigitte Huber von den Grünen, die jetzt das Valentinspark-Fest kritisch sieht, war dabei. Aber auch Annnegret Harms (SPD). Und Harms sagte, die Vaterstettener Variante sei ihrer Meinung nach gelungen. So etwas sei gut im Valentinspark vorstellbar. Auch das Magdalenenfest kenne sie, sagte Harms, und lobte das Format. Der Hirschgarten werde dadurch nicht geschädigt.

Die CSU sieht das Fest im Valentinspark offenkundig sogar als mehr als einen Notnagel. Fraktionschef Stefan Krimmer nutzt gerne jede Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass der Park aufgewertet würde, wenn dort etwa ein Café Platz finden würde. Sein Fraktionskollege Stefan Diehl sagte jetzt: "Der Park ist zu schön, um nur Park zu sein". Die jetzt angedachte Festivität sei für den Valentinspark sehr geeignet. Man solle das mal ausprobieren, sagte er, offenkundig mit dem Hintergedanken, das Event dort vielleicht sogar dauerhaft im Jahreskalender zu installieren. In diese Richtung denkt auch die Rathausverwaltung. Heidi Schiedermeier sagte, man solle das Fest im Valentinspark mal als Versuch ansehen. Die Infrastruktur sei mit einer 100-Kilowatt-Stromversorgung für ein Fest nur in begrenztem Rahmen vorhanden. Größeres sei dort nicht machbar. Es sei darauf zu achten, dass die Grünanlagen möglichst geschont würden. Größere Fahrzeuge dürften nicht auf die Wiesen fahren, oder es werde mit Schutzplanken gearbeitet, Bäume würden auf jeden Fall geschützt. Die Familie Geier verfüge über ausreichend Erfahrung und sei bekannt und vertrauenswürdig. Ähnliche Feste seien in Unterföhring, München und wieder in Vaterstetten geplant.

Nun geht es an die weitere Planung. Das Landratsamt muss dem Vorhaben noch zustimmen. Die Stadt hat ihrerseits die finanzielle Unterstützung auf maximal 25 000 Euro gedeckelt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5325125
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.06.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.