Süddeutsche Zeitung

Immobilien-Geschäfte:Das Vertrauen ist erschüttert

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Nach einem SZ-Bericht über dubiose Investoren verspricht Bürgermeister Janson Transparenz.

Von Leo Kilz und Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Vor den Türen des Feldkirchner Ratssaal saßen diejenigen Zuhörer, die drinnen keinen Platz mehr gefunden hatten. Das Interesse an der Gemeinderatssitzung war der Tagesordnung entsprechend: Alle Anträge aus der Bürgerversammlung im Oktober vergangenen Jahres wurden am Donnerstagabend behandelt. Ganz am Ende hatte Bürgermeister Andreas Janson (UWV) noch eine Ankündigung, die im Sitzungssaal des Rathauses ein lautes Stöhnen durch die Reihen sandte: Die Investoren, die auf dem Grundstück an der Münchner Straße 22 ein Seniorenheim bauen wollen, haben beantragt, dort die Bäume zu fällen. Dem Antrag habe die Gemeinde nichts entgegenzusetzen, der gültige Bebauungsplan stufe den Baumbestand nicht als schützenswert ein.

Damit musste Janson gleich zwei Streitthemen ansprechen, die die Gemeinde schon seit Monaten entzweien. Zum einen ringt der Gemeinderat um eine Baumschutzverordnung - schattenspendendes Grün ist rar in Feldkirchen. Zum anderen streitet der Ort schon seit dem Sommer darüber, wie hoch, breit und massiv das Seniorenheim werden darf, das an der Münchner Straße entstehen soll. Und wie vertrauenswürdig die Investoren sind, die dort bauen wollen. Die Debatte hat durch einen SZ-Bericht aus der vergangenen Woche Fahrt aufgenommen.

Nachdem die Investorengemeinschaft um Society-Gastronom Michael Schamberger, das für ihr Vorhaben erdachte Geflecht aus Vermögensverwaltungsgesellschaften und die Verbindungen einer Beraterin zu AfD- und NPD-nahen Kreisen bekannt geworden waren, sind viele Gemeinderäte skeptisch geworden. Janson war sich der Bedeutung seiner Bekanntmachung durchaus bewusst. Vor dem letzten Tagesordnungspunkt bat er alle, bis zum Ende zu bleiben: "Ich möchte, dass das alle mitbekommen, weil Sie das sicherlich interessiert."

Versöhnliche Töne angesichts der Diskussion um mangelnde Transparenz seitens der Gemeindeverwaltung. Viele Bürger hatten sich zuletzt empört, zu wenig in kommunalpolitische Entscheidungen einbezogen zu sein. Die Bauvorhaben im Ort hatten den Streit zusätzlich angeheizt. "In Feldkirchen stinkt es. Wenn die Abläufe transparent wären, hätte es so einen Artikel über Feldkirchen gar nicht gegeben", schimpfte Anwohner Frank Gröger und hielt die Süddeutsche Zeitung in die Höhe.

Auf der Bürgerversammlung hatten die Gegner des Seniorenheims an der Münchner Straße eine "Integritätsprüfung" der Investoren gefordert. Bürgermeister Janson erläuterte nun, dass der Gemeinde für ein solches Vorhaben von der Kommunalaufsicht rechtlich kaum Kompetenzen eingeräumt würden. Dennoch versprach er, die Investoren - soweit rechtlich möglich - über deren finanzielle Situation hinaus zu prüfen. "Das hat die SZ ja jetzt schon für Sie übernommen", merkte ein Zuhörer an.

"Was dort geschrieben wurde, trägt nicht zur Vertrauensbildung bei", räumte Janson ein. Die Vorwürfe der Intransparenz wies er von sich. Das Verfahren sei nichts Besonderes, bei Grundstücksgeschäften sei nun einmal aus Datenschutzgründen diskret vorzugehen. "Das machen andere Gemeinden und der Kreistag auch so", sagte Janson.

Fast alle Anträge auf der Tagesordnung wurden vom Gemeinderat einstimmig angenommen. So will die Gemeinde etwa ein Seniorenkonzept erstellen und sich zur zukünftigen Gestaltung der gesamten Münchner Straße - von Orteingang bis Ortsmitte - Gedanken machen. Einzig die Bitte, einen Verkehrsspiegel an der Ludwigstraße zu montieren, lehnte das Gremium wegen Bedenken der Polizei ab. Während der Sitzung wurde deutlich, dass die Gemeinderäte - in zuletzt selten gewordener Einigkeit - ein gemeinsames Ziel verfolgen: In den kommenden Jahren Angebote für Senioren zu schaffen, mit vertrauenswürdigen Partnern und im Austausch mit der Bevölkerung.

Seit Monaten verweist der Bürgermeister auf eine Infoveranstaltung zum Bau des Seniorenheims, bei der alle Investoren Rede und Antwort stehen wollen. Nun nannte Janson zumindest einen ungefähren Termin: Noch vor Ostern soll der Dialog stattfinden. Bis dahin, sagte er, wolle die Gemeinde das Projekt ruhen lassen.

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