Süddeutsche Zeitung

Fahrerloses Fahren:Wiege des autonomen Fahrens

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Infineon, Intel und die Bundeswehr-Uni erweisen sich als Vorreiter bei Entwicklung und Forschung. Beim Neubiberger Wirtschaftsforum zeigt sich aber eine Herausforderung: Autos müssen ihre Umwelt erkennen

Von Daniela Bode, Neubiberg

Noch vor 50 Jahren hätte kaum einer geglaubt, dass einmal Autos ohne Menschen am Steuer herumfahren. Heute sind Forschung und Technik sehr nah dran, wie die Gäste des Wirtschaftsforums der Gemeinde Neubiberg am Dienstag in der Aula der Grundschule erfahren haben. Einen großen Anteil daran haben auch die im Ort ansässigen Halbleiter-Hersteller Intel und Infineon, deren Technik in den Fahrzeugen verwendet wird, sowie die Universität der Bundeswehr.

Dort baute bereits im Jahr 1986 der emeritierte Professor Ernst Dieter Dickmanns ein Fahrzeug um und brachte es mithilfe eines Computers dazu, autonom auf der Autobahn zu fahren. "Neubiberg kann sich mit Fug und Recht als Geburtsstätte und Treiber autonomen Fahrens bezeichnen", sagte Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU) bei der gleichnamigen Veranstaltung, zu der Politiker, Vertreter von Wirtschaft und Bundeswehr-Uni sowie natürlich auch Pionier Dickmanns gekommen waren.

An dessen Nachfolgeinstitut, dem Institut für Technik autonomer Systeme von Hans-Joachim Wünsche, geht es längst nicht mehr ums fahrerlose Fahren auf der Autobahn. Dort wird unter anderem am Fahren in unstrukturierten Umgebungen geforscht, wie Institutsmitarbeiter Thorsten Lüttel in seinem Impulsvortrag darlegte. Eine Herausforderung, da es keine weißen Fahrbahnmarkierungen und genaue Karten gibt. Umso wichtiger, dass das Auto die Umwelt wahrnehmen kann. Also wird laut Lütte etwa an der multimodalen Wahrnehmung der Umgebung geforscht, die per Kamera, Radar und Laserscanner erfolgt. Passend zum innovativen Thema beim Wirtschaftsforum gab es vier Experten-Vorträge, moderiert von Christoph Heer von Intel, zwischendrin entspannte Elektro-Musik des Duos Kidsø.

Wie essenziell beim fahrerlosen Fahren der Aspekt ist, dass ein Auto das Rundherum erkennt, betonte auch Tim Gutheit, Vice President Technology & Innovation Automotive bei Infineon. "Automatisiertes Fahren ist nur möglich, wenn die Umwelt erfasst wird", sagte er. Das geschehe mittels Radargeräten und anderen Sensoren rund um das Fahrzeug, die wie ein "Sicherheitskokon" fungierten. Ein Netzwerk an halbleiterbasierten Sensoren ermögliche eine automatische Umfelderkennung. Sie müssten sich ergänzen und auf jeden Fall funktionieren, auch wenn ein Sensor ausfalle. Infineon stellt laut Gutheit diverse Komponenten dafür her.

Heute ist man so weit, dass es nicht unbedingt einen Menschen braucht, der für das Auto denkt. Künstliche Intelligenz erkennt Objekte und gibt ihnen eine Bedeutung, wie man beim Vortrag von Stefan Mäntele, Senior Director Software Strategy Autonomous Systems bei Intel Deutschland, erfuhr. Wie das nun möglich ist, was man sich früher nicht vorstellen konnte? Mäntele führte den Fortschritt unter anderem auf die exponentiell gestiegene Rechnerleistung und die Verfügbarkeit passender Werkzeuge zurück. Ob all der Komplexität warf Florian Bogenberger, Managing Consultant bei der Firma Exida in Neubiberg, eine Art TÜV für die funktionale Sicherheit autonomer Fahrzeuge, in seinem Vortrag die Frage auf, warum man sich die Unsicherheiten antue. Und gab die Antwort gleich mit: Weil der Nutzen größer sein solle als das Risiko, weil man "null Unfälle" erreichen wolle. Der Unterstützung der Politik dürften die Tüftler sich sicher sein: Laut CSU-Bundestagsabgeordnetem Florian Hahn ist es wichtig, dass "Forschung und Entwicklung mit dem nötigen Kleingeld" ausgestattet werden.

Die wohl wichtigste Frage aus dem Publikum kam von SPD-Gemeinderätin Elisabeth Gerner: Wann es so weit sei mit den autonomen Fahren für den Normalbürger? Offenbar recht bald: Lüttel verwies auf die Aussage der Firma Sixt bei der Internationalen Automobilausstellung, 2022 automatisierte Shuttles anbieten zu wollen.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2021
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