Süddeutsche Zeitung

Elterninitiative:Abenteuer Spielplatz

Lesezeit: 3 min

Weil es im Sauerlacher Ortsteil Altkirchen keinen Treffpunkt für ihre Kinder gab, sammelten Eltern Unterschriften. Jetzt stellen sie auf einem von der Gemeinde angepachteten Grundstück unter Anleitung selbst Spielgeräte auf.

Von Patrik Stäbler, Sauerlach

Wann immer Franziska Walther mit ihren zwei kleinen Kindern auch nur für eine Stunde auf den Spielplatz gehen will, ist das stets mit erheblichem Aufwand verbunden. Die Mutter muss zunächst Schaufel und Eimer, Wickeltasche, Trinkflasche und Co. zusammensuchen, danach die Kleinen anziehen und schließlich mit dem Auto nach Sauerlach oder Arget fahren - denn in ihrem Wohnort Altkirchen gibt es keinen Spielplatz. Noch nicht. Denn das wird sich bald ändern: Seit Dienstag entsteht auf einer Wiese am Argeter Weg im Osten des Sauerlacher Gemeindeteils ein neuer Spielplatz. Für Kinder und Jugendliche aus Altkirchen, aber auch aus den umliegenden Ortschaften Gumpertshausen, Klein- und Großeichenhausen.

Wobei es sich hier nicht um eine gewöhnliche Baustelle handelt; vielmehr packen die Eltern selbst mit an. Unter Anleitung von Experten sägen sie Bretter zurecht, schrauben Baumstämme fürs Klettergerüst zusammen, montieren Schaukeln und pflanzen Sträucher. Noch bis Dienstag komme quasi das halbe Dorf zusammen, um den Spielplatz zu bauen, sagt Franziska Walther. "Das ist halt Altkirchen. Hier wird der Zusammenhalt im Dorf noch groß geschrieben."

Dabei hat sich der Ortsteil in den vergangenen Jahren durchaus verändert. Nicht nur haben zuletzt viele Einheimische Nachwuchs bekommen, sondern auch etliche Familien sind neu nach Altkirchen gezogen. "Wann immer eine Wohnung vermietet worden ist, sind da Familien mit kleinen Kindern eingezogen", sagt Franziska Walther. Umso drängender wurde der Spielplatzmangel im Ort - bis Franziska Walther und ihre Bekannte Petra Roth eines Tages die Initiative ergriffen. Die beiden sammelten gut hundert Unterschriften, mit denen sie dann im Rathaus vorstellig wurden.

Nicht bloß zuschauen, sondern mitgestalten

Dort war man laut Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung) schon seit Längerem auf der Suche nach einem geeigneten Standort für einen Spielplatz in Altkirchen. "Und die Unterschriftenliste hat uns gezeigt, dass wir jetzt wirklich handeln sollten."

Die Eltern aus Altkirchen wollten jedoch nicht bloß zuschauen, wie in ihrem Ort ein Spielplatz entsteht, sondern ihn auch selbst mitplanen, mitgestalten und mitbauen. Also wandte sich die Gemeinde an den Schreiner und Sozialpädagogen Robert Schmidt-Ruiu, dessen Firma "Gemeinsam gestalten" aus Olching bei all ihren Projekten die späteren Nutzer einbezieht. "Ein Spielplatz ist ja oft auch ein Treffpunkt für die Menschen aus dem Ort", sagt Schmidt-Ruiu. "Und die haben dazu eine ganz andere Beziehung, wenn sie selbst daran mitgearbeitet haben."

Nachdem es der Gemeinde gelungen war, eine 40 mal 30 Meter große Wiese im Osten von Altkirchen zu pachten, machten sich Robert Schmidt-Ruiu, Martin Sterflinger aus dem Rathaus sowie die Spielplatzinitiative um Franziska Walther und Petra Roth gemeinsam an die Planung. Herausgekommen ist ein circa 70 000 Euro teurer Spielplatz mit einem zentralen Klettergerüst samt Rutsche, das von mehreren Hügeln und reichlich Grün umringt sein wird. Insgesamt werde man 150 Gehölze pflanzen, sagt Schmidt-Ruiu. An weiteren Spielgeräten sind unter anderem ein Trampolin, Schaukeln und eine Seilbahn vorgesehen, dazu für Kleinkinder ein Spielhaus und für Jugendliche ein Pavillon mit Sitzbänken sowie eine Tischtennisplatte.

Einige Eltern sind jeden Tag da

"Wir haben im Vorfeld Zettel in ganz Altkirchen verteilt, auf denen man angeben konnte, was man sich für den Spielplatz wünscht", erzählt Petra Roth. "Unser Ziel war es, dass für alle Altersgruppen etwas dabei ist."

Nun läuft also noch bis Anfang kommender Woche der Aufbau: Angeleitet von Schmidt-Ruiu und zwei Mitarbeitern packt von früh bis spät ein Dutzend Eltern mit an. "Einige sind jeden Tag da, oft auch mit ihren Kindern", erzählt Franziska Walther. "Andere kommen nur an ein oder zwei Nachmittagen." Unterstützt werde man von der Gemeinde, die die Helfer mit Essen und Trinken versorgt. Dazu komme die Solidarität aus dem Ort, sagt Petra Roth. "Gestern ist zum Beispiel eine Oma vorbeigekommen und hat uns Kuchen gebracht. Und ihr Mann hat gleich gefragt, ob er nicht auch irgendwo mithelfen kann."

Am Sonntag, 5. Mai, wollen die Spielplatzinitiative und die Gemeinde die Eröffnung des neuen Spielplatzes in Altkirchen feiern. Beginn ist um 11.30 Uhr. Nachdem Pfarrer Josef Steinberger die Anlage gesegnet hat, gibt es für alle Helfer ein Mittagsessen samt Umtrunk - bei gutem Wetter direkt auf dem Spielplatz, bei schlechtem Wetter steht das Feuerwehrhaus als Ausweichquartier zur Verfügung.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4422260
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.