Süddeutsche Zeitung

Agrob-Gelände Ismaning:Volles Programm

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Wo einst Fliesen gebrannt wurden, sind heute Medienunternehmen wie Antenne Bayern und Sport 1 zu Hause: Das Agrob-Gelände in Ismaning ist ein Beispiel für gelungenen Strukturwandel. Jetzt wird es erweitert.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Ein Kamin ragt noch in die Höhe mitten auf dem Agrob-Gelände zwischen Ismaning und Unterföhring, von Ferne ist er zu sehen. Der rote Ziegelturm, der letzte übrige von einmal vieren, erinnert an die Industriehistorie des Gewerbeparks: Einst wurden hier Ziegel gebrannt, noch bis 1990 war die Agrob, die Aktiengesellschaft für Grob- und Feinkeramik, weithin ein Begriff für hochwertige Fliesen und Keramikkacheln. Nach dem Ende der Produktion stand der Standort vor einem harten Strukturwandel. Doch der gelang.

Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist groß rund um München

Die Agrob wurde zu einer Immobilien AG umgewandelt und die ehemaligen Industriebauten vor den Toren Ismanings an der Münchner Straße wurden zu einem Gewerbepark, in dem sich bevorzugt Medienunternehmen ansiedelten. Heute zählen unter anderem Antenne Bayern, Sport 1, Plazamedia mit ihren Fernsehstudios, die Constantin Medien AG und der Funke Zeitschriftenverlag zu den Mietern. Und es könnten in naher Zukunft noch einige hinzukommen, sagt Stephan Fuchs.

Seit 17 Jahren ist Fuchs als Vorstand der Agrob darum bemüht, das historische Gelände in seiner neuen Rolle möglichst gut zu präsentieren. Derzeit ist Fuchs sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Von den etwa 110 000 Quadratmetern Geschossfläche seien 99 Prozent vermietet. "Wir spüren eine große Nachfrage", sagt Fuchs. Insbesondere größere, zusammenhängende Flächen sind bei Unternehmen im Münchner Raum gefragt - solche, wie es sie in der Stadt selbst kaum mehr gibt. Viele Unternehmen schauen sich daher vermehrt im Landkreis um. Das bestätigt auch Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Auf diese Situation will die Agrob nun reagieren und ihr Gelände um etwa 28 000 Quadratmeter Geschossfläche nach Süden hin erweitern.

Die Erweiterung ist Stephan Fuchs' letztes großes Projekt als Vorstand

Die Gemeinde hat den Plänen zugestimmt, nun rollen die Bagger an. Die neue Zufahrtsstraße ist bereits fertig, sie soll über einen weiteren Kreisverkehr an die Münchner Straße angeschlossen werden. Anfang Juni werden die Vorbereitungen dafür beginnen, sagt Fuchs, im Juli dann die Bauarbeiten. Bis zum September soll das neue Gebiet erschlossen sein. Für welche Mieter dann dort gebaut werden wird, stehe noch nicht letztgültig fest, sagt Fuchs. Bekannt ist aber, dass Bestandsmieter expandieren wollen; der Radiosender Antenne Bayern etwa hat bereits Wünsche angemeldet. Außerdem, sagt Fuchs, wolle man weitere Mieter für den Standort in Ismaning gewinnen.

Für Fuchs wird die Erweiterung das letzte große Projekt sein. Ende des Jahres geht der Diplomökonom in den Ruhestand. Sein Amt als Vorstand wird Achim Kern übernehmen, der zum Oktober antritt. Die Übergabe an seinen Nachfolger will Fuchs gewissenhaft vorbereiten, das ist ihm anzumerken. Die 17 Jahre bei der Agrob seien "eine spannende Aufgabe" gewesen, sagt Fuchs; dem Gelände mit seinem ganz eigenen Charme der historischen Industriebauten fühlt er sich auch emotional verbunden.

Die Kirch-Insolvenz 2002 brachte auch Agrob in Existenzängste

Dabei gab es in der Historie des Medienparks auch schwierige Phasen mit viel Leerstand. Als der Konzern von Privatfernsehpionier Leo Kirch, der mit seinen Unternehmen einen großen Teil der Gebäude belegte, 2002 insolvent ging, bedeutete das auch für die Agrob eine Gefährdung der Existenz, erinnert sich Fuchs. Das scheint heute vergessen zu sein. Nach Unternehmensangaben haben sich die Mieterlöse der Agrob in den vergangenen Jahren auf mehr als elf Millionen Euro entwickelt.

Im Erdgeschoss des Agrob-Verwaltungsgebäudes erinnern Fotografien an die verschiedenen Epochen des Geländes. Auf einer Luftaufnahme um 1990 sind noch die vier rauchenden Schornsteine zu sehen - der letzte Stand der alten Agrob. Heute glänzen auf dem Gelände moderne Glasfassaden zwischen den Ziegelwänden. Zuletzt hat Arri Rental auf dem Gelände ein Gebäude eröffnet, dort wo einst die Megaceram Wandplatten fertigte. Die schwarzglänzende Fassade des Flachbaus reflektiert die Sonnenstrahlen. Von hier aus werden Film- und Fernsehproduktionen ausgestattet. "Der Herr der Ringe ist zum Beispiel hier bestückt worden", sagt Fuchs.

Die Gemeinde Ismaning will den Gewerbepark noch stärker an den Ort binden

Wer als nächstes kommt, wird sich zeigen. Ein neuer Mieter müsse auf jeden Fall auch zum Gebiet passen, sagt Fuchs. Das liegt auch der Gemeinde am Herzen. Wenn es nach Bürgermeister Greulich geht, soll die historische Bindung an den Ort auch sichtbar noch mehr gestärkt werden. Etwa durch Mietfahrräder, auf denen die Mitarbeiter der ansässigen Firmen bald schon vom Agrob-Gelände in der Mittagspause nach Ismaning radeln können - so wie es einst die Ziegelarbeiter taten.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2017
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