Süddeutsche Zeitung

Bezahlbarer Wohnraum:Alt werden in der Genossenschaft

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Die Grünen und die SPD im Landkreis möchten Selbsthilfeorganisationen unterstützen, die beim Wohnungsbau keine Kapitalmehrung im Sinn haben. Am Dienstag berät der Sozialausschuss.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Drei Zimmer, knapp 100 Quadratmeter Wohnfläche - und das für etwas mehr als 1700 Euro im Monat in Oberschleißheim. In Unterhaching sind es nur 53 Quadratmeter und zwei Zimmer samt Einbauküche. Kostenpunkt: monatlich nahezu 1400 Euro. Die Seiten der Immobilien-Anbieter im Netz sind voll mit Angeboten in diesen Preisklassen und auch weit darüber hinaus. Wohnraum im Landkreis München ist nicht nur knapp - er ist vor allem auch teuer. Und die Preise ziehen immer weiter an. Da wird auch auf Kreisebene grundsätzliche jede Initiative willkommen geheißen, die zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum beiträgt: Etwa externe Anbieter wie die Beratungsstelle "Mitbauzentrale München" oder eine neues Projekt zur "Förderung von Genossenschaften im Altenwohnbereich".

Am Dienstag, 12. März, wird sich der Sozialausschuss des Landkreises von 14 Uhr an mit beiden Ideen beschäftigen. Die Fraktionen von SPD und Grünen haben entsprechende Anträge eingebracht. Geht es nach den Sozialdemokraten, soll der "Genossenschaftsgedanke" künftig vor allem beim Bau von Wohnungen sowie Alten- und Pflegeheimen umgesetzt werden. Angesichts des demografischen Wandels und des anhaltenden Wachstums, die auch am prosperierenden Landkreis München nicht vorübergehen werden, ein nachvollziehbarer Ansatz. SPD-Fraktionssprecherin Ingrid Lenz-Aktas schlägt vor, einen Arbeitskreis einzusetzen, der Vorschläge für die Förderung genossenschaftlichen Bauens "zur Behebung gesellschaftlicher Problemlagen" in den 29 Städten und Gemeinden des Landkreises erarbeiten soll.

Diese Problemlagen ergeben sich unter anderem aus einer fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft. Etwa 400 000 Menschen werden nach Schätzungen des Statistischen Landesamtes bis ins Jahr 2037 im Landkreis München leben; der Anteil derjenigen, die dann 65 Jahre oder älter sein werden, wird bis dahin um etwa 20 Prozent zunehmen. Für die SPD im Kreistag bedeutet dies, dass "Wohnungswirtschaft und Wohnungspolitik" vor entscheidenden Schritten stehen. Es müssten "neue Infrastrukturen auf dem Wohnungsmarkt entwickelt werden", so Lenz-Aktas in ihrem Antrag. Das Genossenschaftsrecht, so die Sozialdemokratin, ermögliche auch, dass Genossenschaften im sozialen Wohnungsbau tätig werden könnten: Etwa bei Bau von Alten- und Pflegeeinrichtungen, oder wenn es darum geht, den örtliche Wohnungsbestand mit einzubeziehen.

Häuser in Oberhaching und Ottobrunn

Es gibt sie schon, genossenschaftliche Senioren- oder Altenwohnungen. Im niedersächsischen Lorup etwa, wo unter Bürgerbeteiligung ein Haus für 55 Bewohner geplant wurde, um ihnen das Älterwerden in ihrer vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Aber auch in Oberhaching und Ottobrunn hat die Genossenschaft Maro Häuser für altersgerechtes Wohnen gebaut.

Das Modell der Genossenschaften ist zudem in der Landeshauptstadt München im Kommen. Es ist sogar eine kleine Gründungswelle an neuen Genossenschaften, die München erfasst hat. Allein in den Jahren 2014 bis 2017 wurden neun Genossenschaften gegründet, die in diesem Zeitraum etwa 700 Wohnungen fertiggestellt haben. Auf der Seite der Mitbauzentrale für München finden sich zahlreiche Projekte und Gesuche neuer Genossenschaften. Etwa jene, die in Haidhausen eine "kleine Baulücke in Haidhausen" auf einem Grundstück der Landeshauptstadt schließen will, fünf Parteien sollen dort einmal wohnen, vier sind es schon.

Beratung bei der Mitbauzentrale

Die Hilfe der Mitbauzentrale möchten künftig auch die Grünen im Kreistag in Anspruch nehmen, um den Bau kostengünstiger Wohnungen von der Landeshauptstadt auf den Landkreis auszuweiten. Voraussetzung hierfür, macht die Verwaltung im Landratsamt deutlich, sei, dass ausreichend Grundstücke vor allem in gemeindlichem Besitz vorhanden seien - und die Kommunen diese auch zur Verfügung stellen. Die Mitbauzentrale berät Interessierte über die unterschiedlichen Organisationsformen von der Genossenschaft bis zur Mietergemeinschaft und erarbeitet die Grundlagen, die für eine Realisierung des Projekts notwendig sind.

Geht es nach der Verwaltung im Landratsamt, soll in Gesprächen mit den Städten und Gemeinden des Landkreises ermittelt werden, ob überhaupt ein grundsätzliches Interesse an dem Beratungsangebot besteht. Es scheint zumindest so zu sein, dass die beiden Anträge der Grünen und der SPD in dieselbe Richtung zielen.

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SZ vom 11.03.2019
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