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Laim:Das letzte Stündlein läuten hören

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Kritik an Neubaukomplex: Anwohner fürchten um den Erhalt der ehemalige "Kunst- und Glockengießerei"

Von Christina Seipel, Laim

Auf den ersten Blick fügt sich das schmucklose Gebäude, das zwischen Schäufeleinstraße und Mitterhofstraße fünf Stockwerke in die Höhe ragt, harmonisch in die nüchterne Häuserstruktur der Wohngegend am nordöstlichen Rand von Laim ein. So mancher Bewohner der umliegenden Häuserblocks mag mit diesem Ergebnis aber nicht ganz so glücklich sein. Erst auf den zweiten Blick fällt auf Höhe der Mitterhofstraße 7 das historische Gebäude der alten Glockengießerei auf, das zwischen hohen Baukränen und großen blauen Bauschutt-Containern hervorblitzt. "Ein Schildbürgerstreich", erzürnt sich ein Anwohner angesichts des Bauprojekts, das die Stadt 2020 auf dem Grundstück südlich des Industrierelikts, wo einst auch die Fabrikantenvilla stand, genehmigt hat.

Nachbarn und der Bezirksausschuss (BA) hatten sich vor Baubeginn schon an der zu hohen Baudichte gestoßen und gegen den Gebäudekomplex, den der Eigentümer, die Mitterhofer Projekt GmbH & Co. KG, dort errichtet, aufgelehnt - vergeblich. Nun werde die 1906/07 nach Plänen von Xaver Heininger erbaute Glockengießerei von dem massiven Klotz förmlich zerdrückt, klagt der Anwohner angesichts der fertigen Außenfassade. Es sei "eine Verschandelung des ganzen Stadtteils." Die Schuld dafür gibt er der Stadt München. Die will dort als Mieterin ein Heim mit 29 Wohnungen und 36 Apartments für Geflüchtete errichten, erläutert Thorsten Vogel, Sprecher im Planungsreferat. Die dazugehörige Fabrikantenvilla, die nicht denkmalgeschützt war, hatte der neue Eigentümer bereits 2017 abreißen lassen.

Viele Jahre hatte die Nachbarschaft auch um den Erhalt der Traditionswerkstatt gerungen, in der zu Beginn des 20. Jahrhunderts mächtige Glocken für die Frauenkirche, den Alten Peter und das Münchner Glockenspiel im Rathausturm gegossen wurden. Wegen zu vieler Eingriffe in die historische Substanz hatte das Verwaltungsgericht der ehemaligen "Kunst- und Glockengießerei Gebrüder Oberascher" 2019 den Denkmalstatus jedoch aberkannt.

Was die Heimbau Bayern GmbH als Eigentümerin mit dem Industrierelikt, das derzeit noch an einen metallverarbeitenden Betrieb vermietet ist, einmal vorhat oder ob es gar weichen soll, ist nicht bekannt. Wie der Sprecher des Planungsreferats mitteilte, liege aktuell noch kein Bauantrag vor.

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Quelle:
SZ vom 15.09.2021
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