Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Bessere Welt

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Die "Nuit Blanche Band" und das "Ogaro Ensemble"

Von Dirk Wagner, München

München ist nicht nur ein Teil dieser wunderbaren Welt, sondern diese Welt ist vor allem auch ein Teil jenes wunderbaren Münchens. Das lassen die musikalischen Reisen der beiden Formationen Nuit Blanche Band und Ogaro Ensemble auf dem bestuhlten Spiegelplatz vor dem Import Export wie die freudig gefeierte Ankunft in einer besseren Welt erscheinen: Eine Welt nämlich, in der unterschiedliche Kulturen neugierig zu einander finden, um gemeinsam auch ihre Unterschiede zu genießen.

Wobei die Nuit Blanche Band um die Chanteuse Ira Blazejewska sich zugleich auch auf eine Zeitreise begibt, in der Marlene Dietrich oder Edith Piaf wieder lebendig werden. Nun könnte allerdings gerade deren Aktualität auch erschrecken angesichts der Rechtsextremisten, die zur Zeit, wie Blazejewska betont: "das Land befallen wie eine Pandemie". Doch die Musik der Nuit Blanche Band zeigt mit ihren jüdischen und Sinti-Färbungen auch Alternativen auf, um eine Wiederholung der Geschichte zu vermeiden.

Wenn dann im Anschluss die Hackbrett-Spielerin Lisa Schöttl das diesmal als Trio auftretende Ogaro Ensemble auf dessen Reise durch den östlichen Mittelmeerraum begleitet, wird eine solche Alternative gleich Wirklichkeit. Ein Walzer aus Istanbul wird griechisch vorgetragen. Den roten Wein besingt Chrisa Lazariotou auf mazedonisch, und beim syrischen "Ya Mal al-Sham" singen einige Zuschauer sogar euphorisch mit. Eine anmutend orientalische Färbung erfährt das Klang gewordene Paradies vor allem durch das virtuose Oud-Spiel von Abathar Kmash. Schon im Eingangsstück "Nubar Nubar" misst er sich mit einem der ganz großen Oud-Spieler, John Berberian. Nur dass Kmash im Zusammenspiel mit der westeuropäischen Hackbrettspielerin zugleich auch schon im Sinne von Goethes westöstlichem Diwan Orient und Okzident vereint. Und so eine Vereinigung macht das Import Export zum friedlichsten Ort der Welt.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2020
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