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Kulturstrand am Vater-Rhein-Brunnen:Abschied vom Strandleben

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Erstmals haben die Urbanauten den Kulturstrand am Vater-Rhein-Brunnen nahe dem Deutschen Museum veranstaltet. Der Platz auf der Insel wurde begeistert angenommen - und könnte jetzt zur Initialzündung für eine ständige Einrichtung an der Isar werden.

Thomas Anlauf

"Ende - The End - Fin" steht auf der Homepage der Urbanauten. Dazu ein Testbild aus frühen Tagen des Farbfernsehens. Für die Urbanauten ist der Sommer seit diesem Montag tatsächlich schon wieder vorbei. Drei Monate lang haben die legalen Besetzer öffentlicher Räume in München die Grünanlage am Vater-Rhein-Brunnen zu einem Treffpunkt mit viel Kultur umgestaltet.

Von Mitte Mai bis vergangenen Sonntag fanden täglich, so das Wetter es zuließ, Veranstaltungen auf der Isarinsel nahe dem Deutschen Museum statt. Wegen der wochenlang anhaltenden Gewitterlage hieß es zwar öfter auf der Veranstaltungs-Seite: "Wird wetterbedingt verschoben!". Doch Benjamin David, Sprecher der Urbanauten, zieht trotzdem ein begeistertes Fazit: "Es waren deutlich mehr Besucher am Kulturstrand als in vergangenen Jahren - auch nachmittags", sagt David. "Es war ein Spektakel, das uns sehr stolz gemacht hat."

Tatsächlich hat sich der Park am südöstlichen Rand des Lehels tagsüber zu einem Treffpunkt für junge Eltern mit ihren kleinen Kindern entwickelt. Die konnten gefahrlos im Sand spielen, während die Eltern in den bereitgestellten Liegestühlen entspannten. Es ist einer der Ansätze der Urbanauten, Experimente im öffentlichen Raum zu wagen - grade an kaum genutzten Plätzen wie dem kleinen Park am Vater-Rhein-Brunnen.

"Dieses Experiment hat schwer eingeschlagen", sagt David und ruft die Stadt dazu auf, "vielleicht darüber nachzudenken, ob man diesen Ort nicht tagsüber für Kinder und Familien zur Verfügung stellt". Die Urbanauten hätten erlebt, was für eine "Sensation" die Brunnen- und Strandlandschaft für Besucher war. Es habe lediglich Toiletten und ein Café gebraucht, und die Menschen hätten den Platz für sich erobert.

Nun, ein wenig mehr als das war es schon: Immerhin 104 Tonnen feinen Quarzsand haben die Urbanauten für das dreimonatige Spektakel herbeigeschafft. Und in einem Wettbewerb wurde die mittlerweile mehr als 110 Meter lange rote Sitzskulptur "Convolvulaceae" der Kunststudentin Anna Bischoff ausgewählt, den Kulturstrand kunstvoll einzurahmen. Das alles wird nun in den kommenden Tagen wieder eingepackt. Für den überdimensionalen Sitzsack suchen die Urbanauten übrigens noch ein Winterquartier. Wer eine Garage oder einen Stadl für den Riesenwurm zur Verfügung stellen will, kann sich unter b.david@die-urbanauten.de melden.

Nach dem Gastspiel am Geschwister-Scholl-Platz im vergangenen Jahr und dem Vater-Rhein-Brunnen 2012 kehrt der Kulturstrand im kommenden Jahr an die Corneliusbrücke zurück, wo die Urbanauten bereits fünf Mal auf dem Isarbalkon gastierten. Dieses Mal will das Team allerdings wieder ein Experiment wagen: Womöglich mit einer Brücke oder einer Rutsche soll ein Zugang zur Isar geschaffen werden. Wenn die Stadt es erlaubt, soll vielleicht auch der bislang kaum genutzte Raum am Westufer der Isar bespielt werden. "Wir machen jetzt erst einmal Entwürfe und legen die der Stadt dann vor", sagt David. Entwickelt werden sollen die Pläne auch von Anna Bischoff.

Ziemliches Kopfzerbrechen bereitet David und den Urbanauten noch der von der Stadt vorgeschlagene Kulturstrand-Standort im Jahr 2014: im Nußbaum-Park am Sendlinger Tor - in unmittelbarer Nähe von Gebäuden der Uniklinik. "Ich habe da meine Zweifel, ob das funktionieren wird", sagt David. Die Bühne würde fast direkt vor Patientenzimmern liegen. Er befürchtet, dass der Kulturstrand dann ohne Musik auskommen müsste - und das wäre eine Katastrophe für die Veranstalter, treten doch abends junge Bands auf.

David hofft deshalb, die Stadt davon zu überzeugen, 2014 lieber ein "Kulturfloß" in der Isar zu installieren. Diese Idee fand bereits beim diesjährigen Isarstrand-Wettbewerb großen Zuspruch. Stadtbaurätin Elisabeth Merk war damals selbst in der 17-köpfigen Fachjury und versprach laut David, die Idee "wohlwollend zu prüfen". Wer weiß, vielleicht bekommt München bald doch noch ein Kulturfloß nach Basler Vorbild.

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Quelle:
SZ vom 14.08.2012
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