Süddeutsche Zeitung

Kultur in München:Das Haus der Kunst kommt nicht zur Ruhe

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Von Susanne Hermanski, München

Das Haus der Kunst hat sich zum Jahreswechsel von seinem langjährigen Kaufmännischen Leiter, Marco Graf von Matuschka, getrennt. Er bildete gemeinsam mit dem Direktor des Hauses, Okwui Enwezor, und dem Chefkurator Ulrich Wilmes das Managementteam und die erweiterte Geschäftsführung des Museums. Überraschend kommt die Personalie nicht, das Haus der Kunst hat turbulente Monate hinter sich.

Zuletzt hatte dessen Aufsichtsrat, dem Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle vorsitzt, einen zweiten Geschäftsführer auf Zeit berufen. Sein Name ist Stefan Gros, er ist Okwui Enwezor gleichgestellt worden, um die kaufmännischen Belange zu regeln. Dass diese im Argen liegen, war spätestens klar, seit im Sommer eklatante Zahlungsschwierigkeiten des Museums bekannt geworden waren.

Dass nicht nur bei der Verwaltung des Geldes, sondern auch bei der des Personals Missstände existierten, war schon im Frühling 2017 offenkundig: Ausgerecht die Position des "Personalverwalters" bekleidete mehr als 20 Jahre lang im Haus der Kunst ein Scientologe. Die Organisation wird in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie in ihren Prinzipien als totalitär gilt. Der Mann arbeitete zudem in all den Jahren offenbar scheinselbständig. Das wurde auch deutlich, als sich das Münchner Arbeitsgericht jüngst für den Rechtsstreit zwischen dem Gekündigten und dem Haus der Kunst zuständig erklärt hat.

Ansatzpunkte für Kritik an der bisherigen Kaufmännischen Leitung gibt es also mehrere. Infolge der Jahrzehnte währenden Scheinselbständigkeit sind vom Haus der Kunst keine Sozialversicherungsbeiträge für seinen Personalverwalter gezahlt worden. Wie empfindlich Sozialversicherungsträger auf solcherlei "Vorenthalten" reagieren, ist bekannt. Vor dem Gesetz gilt dies prinzipiell als Straftat. Haftbar ist dafür jeweils die Geschäftsführung.

Spaenle machte gegenüber der Süddeutschen Zeitung keinerlei Angaben zum Ende der Zusammenarbeit mit Marco von Matuschka. "Personalangelegenheiten unterliegen der Vertraulichkeit, weshalb das Ministerium keine Aussagen machen darf", hieß es lediglich. Matuschka hat mehr als zwölf Jahre im Haus der Kunst gearbeitet, bis zur Kündigung des Personalverwalters in engem Austausch mit diesem. Das weiterhin finanziell angespannt agierende Haus der Kunst hält notgedrungen einen sechsstelligen Betrag für die zu erwartende Nachzahlung der Sozialbeiträge bereit, das hat Spaenle schon im Sommer auf eine Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Isabell Zacharias hin eingeräumt.

Dem Personalverwalter wird Missbrauch seiner Machtposition vorgeworfen

Der ehemalige Personalverwalter klagt zudem auf eine Abfindung, bekräftigte aber vor dem Münchner Arbeitsgericht, dass er lieber wieder eingestellt und bis zu seinem Ruhestand im Haus der Kunst weiterarbeiten würde: "Ich habe meine Arbeit dort immer geliebt", sagte er der Richterin. Die Aussichten auf eine Fortsetzung erscheinen gering. Nicht nur wegen seiner Scientology-Zugehörigkeit, die vor Gericht ebenfalls zur Sprache gekommen ist.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird dem Personalverwalter auch der Missbrauch seiner Machtposition auf unterschiedlichen Ebenen vorgeworfen. Problematisiert wird im Zuge dessen auch das Verhalten des Personalverwalters gegenüber weiblichen Mitarbeitern - und wie die Geschäftsführung mit entsprechenden Beschwerden umgegangen sei. Auf Nachfrage der SZ erklärte Minister Spaenle dazu: "Wir sind immer allen Vorwürfen nachgegangen und werden dies auch künftig tun." Eine Stellungnahme des Personalverwalters zu diesem Vorwurf fehlt bislang.

Nur noch zwei Kuratoren am Haus der Kunst

Unruhe herrscht im Haus der Kunst auch an anderen Fronten. Zum Jahresende haben zwei Kuratoren das Haus verlassen, um andernorts neue Stellen anzutreten. Damit halbiert sich das Kunstkuratoren-Team, übrig sind derzeit nur der Chefkurator Ulrich Wilmes und eine Assistenzkuratorin. Nach Angaben der Pressestelle des Hauses der Kunst sollen die beiden vakanten Stellen im Frühling wieder ausgeschrieben werden.

Mitarbeiter des Hauses sehen diese Entwicklung trotzdem mit Sorge. Schließlich wurden aus Sparzwang schon vergangenes Jahr mehrere geplante Ausstellungsprojekte auf 2018 geschoben. Zudem steht die komplette Schließung des Hauses für die Renovierung im Raum. Okwui Enwezor hatte sie im Sommer bei einer Mitarbeiterversammlung für die Zukunft bereits angekündigt. Spaenle betont unteressen, dass die genauen Planungen für das "Renovate/Innovate"-Vorhaben nicht abgeschlossen seien: "Ich rechne damit, im Frühjahr dem Landtag die weiterentwickelte Version 2.0 vorstellen zu können."

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Quelle:
SZ vom 16.01.2018
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