Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest:Wie die Polizei Sexualstraftäter auf der Wiesn überführt

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Von Martin Bernstein

Nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht war immer wieder geunkt worden: Ähnliches könne sich auch auf der Wiesn wiederholen. Nach der ersten Oktoberfestwoche hat die Polizei laut ihrem Sprecher Marcus Da Gloria Martins jedoch "keinerlei Hinweise oder Fälle wie in Köln". Sechsmal wurden Asylbewerber als Grapscher gestellt. Immer waren es Einzeltäter, in keinem Fall agierten sie als Gruppe. Von insgesamt 498 Straftaten in der ersten Wiesn-Woche wurden 23 von Asylbewerbern verübt.

Die Zahl der angezeigten und von der Polizei verfolgten Sexualdelikte auf der Wiesn ist indes gegenüber dem Vorjahr auf das Doppelte gestiegen - von acht zur Halbzeit 2015 auf 16 bis Sonntagmorgen, 5 Uhr, in diesem Jahr. Eine Vergewaltigung wie im Vorjahr war nicht darunter, aber neun "Beleidigungen auf sexueller Grundlage", wie das Grapschen juristisch heißt.

Dazu vier sexuelle Nötigungen, zwei Fälle von Exhibitionismus und der von Polizisten einer Wiesn-Einsatzgruppe entdeckte und vereitelte Versuch eines 32-Jährigen, eine betrunkene Koreanerin nahe der Schaustellerstraße zu vergewaltigen. Außerdem versuchten drei Oktoberfestbesucher, mit ihren Kameras Frauen unter den Rock zu fotografieren.

Die Zunahme der registrierten Fälle - Experten vermuten, dass gerade einmal jeder zehnte Vorfall angezeigt wird - erklärt Polizeivizepräsident Werner Feiler damit, dass in diesem Jahr mehr Übergriffe als sonst von Polizeibeamten, darunter auch den Taschendiebfahndern in Wiesn-Zivil, entdeckt würden. Die Polizisten hätten ein "sehr wachsames Auge" und angesichts geringerer Besucherzahlen offenbar auch einen noch genaueren Blick auf das Geschehen.

Dabei helfen ihnen 29 Videokameras, die den Oktoberfestteil der Theresienwiese überwachen - insbesondere die Problemzonen des Festgeländes wie den berühmt-berüchtigten Hügel neben der Bavaria. Dort wurden Schlafende in der Vergangenheit nicht selten Opfer von Taschendieben oder Sexualstraftätern. Heuer ist es ruhig dort, möglicherweise auch eine Folge des oberhalb aufgestellten Zauns.

In 15 Fällen konnten Beamte mit Hilfe der Videokameras Straftaten verhindern oder Tatverdächtige festnehmen. Gegen 17 Wiesn-Besucher wurden in der vergangenen Woche Betretungsverbote für die Theresienwiese beantragt. Die von der Wiesn verbannten Männer hatten Frauen begrapscht, belästigt oder geschubst.

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Quelle:
SZ vom 26.09.2016
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