Süddeutsche Zeitung

Chois:Der chinesische Verwandte des Fondues

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Das "Chois" hat sich auf den landestypischen Feuertopf spezialisiert - so scharf, wie es der europäische Gaumen erlaubt. Und trotzdem sind die Gäste hauptsächlich Asiaten.

Von Pep Rooney

Früher lief ein Besuch in einem chinesischen Restaurant etwa so ab: Man suchte sich etwas aus, das "Acht Schätze", "Des Mönches Leibspeise" oder ähnlich hieß und bestellte dann beim Personal "Nummer 118 bitte". Die Speisekarten waren recht unübersichtlich, sodass das Personal nur anhand der Nummern den Überblick behalten konnte. Für den Gast war's dann oft so, dass 118 genauso schmeckte wie 220 und so weiter - nach Geschmacksverstärker.

Diese Zeiten sind noch nicht ganz vorbei, aber zum Glück gibt es in München einige asiatische Restaurants, auch chinesische, die mit authentischer Küche und natürlicher Zubereitung punkten und dabei den westlichen Gast nicht vergessen. Denn beim Schärfegrad sind fernöstliche Gaumen doch etwas anderes gewohnt als der durchschnittliche europäische. So steht denn auch im neuen Restaurant "Chois", das sich auf den chinesischen Feuertopf spezialisiert hat, bei der scharfen Variante auch gleich eine Mahnung zur Vorsicht dabei.

Feuertopf wird in München offenbar immer beliebter. Kein Wunder: Er ist als chinesischer Verwandter des Fondues eine recht gesellige und abwechslungsreiche Angelegenheit. Ein gutes Zeichen ist bei solchen Lokalen auch, wenn, wie im Chois, vornehmlich Asiaten die Tische besetzen. Dann kann die Küche nicht viel falsch machen, denkt man sich.

Sieben verschiedene Brühen stehen aktuell im Chois zur Auswahl. Neben der erwähnten sehr scharfen Variante gibt es eine scharfe und eine mittelscharfe nach thailändischer Art. Außerdem kann sich der Gast noch zwischen einer Curry-Brühe, einer Tomaten- und einer Pilz- und einer Pho-Brühe (eigentlich eine vietnamesische Spezialität) entscheiden. Zur Auswahl stehen verschiedene Gerichte aus den Kategorien Fleisch, Meeresfrüchte und Fisch sowie Tofu und Gemüse. Insgesamt kommt man auf etwa 30 verschiedene Zutaten, die man in der Suppe versenken kann. Wem das noch nicht reicht, dem servieren sie im Chois dann noch diverse Beilagengerichte, wie Edamame oder Erdnusssalat.

Aber das braucht's nicht unbedingt. Im Chois gilt "all you can eat" für einen Festbetrag von 25,90 Euro (von Freitag bis Sonntag: 28,90 Euro; Kinder von sieben bis zwölf Jahren zahlen zehn Euro, für jüngere Kinder ist das Essen gratis). Dafür kann man ziemlich individuell sein Menü zusammenstellen, denn zum China-Fondue kommen noch vier verschiedene Soßen (Erdnuss, Sesam, Kokos-Hoisin, Knoblauch). Das funktioniert dann so: Binnen zweieinhalb Stunden kann sich der Gast jeweils alle 15 Minuten drei neue Zutaten bestellen.

Was uns beim ersten Besuch noch stutzig machte, war das Bestellsystem. Man ordert seine Speisen und Getränke ausschließlich via Tablet-Computer; und da fiel uns das längst geschlossene Restaurant La Baracca - ein unrühmliches Beispiel aus der Vergangenheit - ein, in dem das Online-Order-System regelmäßig ausgefallen war. Das war vor mehr als vier Jahren, heute funktionieren die Geräte besser - und im Chois klappte es bei beiden Besuchen einwandfrei. Es macht sogar Spaß: Ein Klick aufs Augustiner Helle (4,50 Euro), die Maracuja Schorle (4,50), den Wein (zum Beispiel südafrikanischen Chenin Blanc für 4,20 Euro je 0,2 Liter oder Sauvignon Blanc Terres Fumés (5,20) - einfache aber gut trinkbare Weine) und rasch bringt der überaus freundliche Service das Bestellte an den Tisch. Das gilt auch fürs Essen.

Wir probierten uns quer durch die Karte: Hausgemachte Hühner- oder Rinderbällchen, zartes mariniertes Rindfleisch, marinierte Lammfilets (Aufpreis: 1,90). Lamm gibt es auch in dünnen Scheiben ohne Aufpreis, negativ war, dass es noch fast gefroren auf den Tisch kam. Auch die Jakobsmuschel (Aufpreis: 1,90), serviert in der Schale, war nur halb aufgetaut. Das verleidet einem den Genuss ein wenig, dennoch ist es sehr reizvoll, die Zutaten in verschiedenen Brühen zu garen und die unterschiedlichen Geschmacksnuancen zu erleben.

Weil auch Vegetarisches dazugehört, probierten wir den Tofuteller und die Tofunudeln (mit den passenden Soßen ein Genuss) sowie Pilz- und Gemüsemischungen. Alles geschmacklich und von der Frische her einwandfrei, ein totaler Ausreißer waren allerdings die Süßkartoffelnudeln. Die sahen aus wie Fensterdichtungen - und vermutlich schmeckt eine solche Dichtung ähnlich: kaum zu kauen. Aber gut: Irgendwas geht immer schief, man muss halt nur das Richtige bestellen.

Eingerichtet ist das Chois relativ schlicht, ohne überbordenden China-Kitsch. Und im Keller sind noch ebenso große Räume, in denen es künftig Barbetrieb und Live-Musik geben soll, wie früher im Barysphär, das sich hier lange Jahre als "Foodclub" vermarktete. Nun: Das Chois ist vielleicht kein so hipper Livestyle-Laden, aber ein Lokal, das mit schmackhafter und günstiger Küche überzeugt - und einer ausgesucht feinen Spirituosenauswahl. Ein Besuch lohnt sich, zu zweit oder mit Freunden und Familie.

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Quelle:
SZ vom 07.09.2017
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