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Konzertsaal-Debatte:Wo die Musik künftig spielen soll

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Von Christian Krügel

Die jahrelange Debatte um einen neuen Konzertsaal fördert manchmal schon überraschende Koalitionen zu Tage: zum Beispiel eine zwischen den Münchner Grünen und der bayerischen Staatsregierung, genauer gesagt deren Gutachtern.

Am Montagnachmittag informierte Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) seine Konzertsaal-Arbeitsgruppe über die Standort-Expertise des Büros Albert Speer und Partner (ASP) - und just zur selben Zeit veröffentlichten die Grünen eine Presseerklärung. Darin fordern sie, den neuen Saal nicht im Münchner Stadtzentrum, sondern im Werksviertel am Ostbahnhof oder in der alten Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke zu bauen. "Die Münchner sollten den Mut haben, mit einem großen Kulturprojekt die Enge der Innenstadt zu verlassen, zumal die Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr an beiden Standorten ausgezeichnet ist", so Florian Roth.

Gutachter befürworten Orte außerhalb der City

Was der Fraktionschef der Grünen/Rosa Liste im Stadtrat zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Spaenles Experten sehen das ganz ähnlich und bewerten die beiden Areale im Osten und Westen der Stadt als am besten geeignet. Die drei Alternativen kamen dagegen eher schlecht weg in der mehr als 100-seitigen Powerpoint-Präsentation, die die Gutachter den Mitgliedern der ministeriellen Arbeitsgruppe präsentierten: der Apothekerhof in der Residenz, der Olympiapark und selbst der Finanzgarten.

Dort sei noch nicht mal der Naturschutz das große Problem, sondern die Logistik. Eine Zufahrt über die Von-der-Tann-Straße oder gar den Altstadttunnel werde nur schwer möglich sein. Das Areal, das vor allem der Verein der Konzertsaalfreunde befürwortet hatte, schneidet in dem Gutachten deshalb knapp schlechter ab, als ein Projekt in der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke.

Bei beiden verbliebenen Standorten müssen Freistaat und Bayerischer Rundfunk aber nun mit privaten Investoren zusammenarbeiten. Aus der CSU-Landtagsfraktion gibt es dafür großes Wohlwollen, und auch die Opposition hat offenbar kein grundsätzliches Problem damit. Der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Michael Piazolo (Freie Wähler), sagte: "Ich bin nicht abgeneigt. Aber man muss genau auf die Vertragskonstruktion schauen und vor allem darauf, was am Ende künstlerisch dabei herauskommt." Es dürfe kein ähnliches finanzielles Desaster geben, wie einst beim Gasteig, den die Stadt München als Leasingmodell bis heute abzahlt. "Es darf nicht sein, dass der Staat am Schluss jahrelang auf Zahlungen sitzen bleibt", sagte Piazolo der SZ.

Es braucht ein Konzept und einen klaren Plan

Positiv sei aber, dass nun endlich Bewegung in den jahrzehntelangen Streit komme. Er erwarte nun von Spaenle und der Staatsregierung drei Dinge: eine rasche Information im Wissenschaftsausschuss, ein Konzept für den Betrieb des Hauses und einen klaren Plan, wer die Verhandlungen mit den privaten Investoren unter welchen Rahmenbedingungen führe. "Die Staatsregierung muss sich überlegen, wer sich längerfristig um das Projekt und all den Koordinationsaufwand kümmert", so Piazolo. Spaenles Ministerium sei wegen der vielen Baustellen im Bildungsbereich damit überfordert.

Die endgültige Studie von ASP wird wohl nächste Woche vorliegen. Ludwig Spaenle will dem Vernehmen nach dann rasch ein Mandat des Kabinetts für weitere Verhandlungen und noch 2015 einen Grundsatzbeschluss der Staatsregierung. Die Münchner Grünen sprachen sich in ihrer Fraktionssitzung klar für einen Konzertsaal in der alten Paketposthalle aus. "Ein bestehendes Industriebauwerk würde mit einer sehr interessanten Architektur zu einem Kulturbau umfunktioniert werden", so Stadträtin Anna Hanusch.

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Quelle:
SZ vom 07.10.2015
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