Konzertsaal-Debatte:Der Paketdom

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Konzertsaal-Debatte: 146 Meter Spannweite: Die Paketposthalle wurde ohne Stützen konstruiert. Bis heute gilt sie als Meisterwerk der Betonarchitektur.

146 Meter Spannweite: Die Paketposthalle wurde ohne Stützen konstruiert. Bis heute gilt sie als Meisterwerk der Betonarchitektur.

(Foto: Stephan Rumpf)

Vor 50 Jahren begannen die Bauarbeiten für die gigantische, freitragende Posthalle an der Friedenheimer Brücke. Nun will eine Investorengruppe sie umbauen - und bringt damit Bewegung in die Konzertsaal-Debatte.

Von Marco Völklein

Die Relikte, die an die Zeit der ehemaligen Bahnpost erinnern, sind nur noch auf den zweiten Blick zu erkennen. Der Schotter zum Beispiel, der den Boden rund um die Halle bedeckt. Das ehemalige Stellwerk am östlichen Rand des Areals, in dem die Bahn mittlerweile einen Betriebskindergarten eingerichtet hat. Und die schwarzen Gleisnummern, die an der Ostseite der Halle hängen und den Mitarbeitern Orientierung geben sollten. Damals. In der Zeit, in der ein Großteil der Post noch per Bahn befördert wurde.

Vor fast genau 50 Jahren, im Herbst 1965, wurde der Grundstein gelegt für die große Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke, vier Jahre später war der weithin sichtbare "Paketdom" fertig. Errichtet wurde er, um die Paketzüge der Post abzufertigen, mittlerweile werden Briefe darin sortiert. Und in ein paar Jahren, wer weiß, könnte eine ganze Musikstadt inklusive großem Konzertsaal in der Halle Platz finden. Das zumindest sehen die Pläne einer Investorengruppe vor.

Eine spektakuläre Halle für die Post

Um die Geschichte der Halle zu erzählen, muss man eintauchen in die Welt der Bahnpost im vorigen Jahrhundert. Komplette Postzüge gingen damals nachts auf die Reise, um Briefe und Pakete von A nach B zu bringen. Beamte arbeiteten in Spezialwaggons an Sortierregalen und nutzten die Fahrt, um die Briefe den Zielgebieten zuzuordnen. Im Verkehrszentrum des Deutschen Museums kann man so einen Waggon heute noch sehen.

Herbert Festl hat in einem solchen noch gearbeitet, als Praktikant bei der Bundespost in den Fünfzigerjahren. Er hat alles miterlebt. Die Zeit der Bahnpost. Den Bau der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke. Die Arbeit an den Sortieranlagen. Auch den Wegzug der Paketverteilung aus Neuhausen nach Aschheim. Und die Abkehr der Post vom Postzug, hin zum Transport per Lkw. Festl kann anschaulich erzählen. Noch heute, als Mittsiebziger, unterrichtet er den Postnachwuchs. In den Sechzigerjahren war der Maschinenbauingenieur zuständig für den technischen Betrieb am Paketstandort an der Wredestraße.

In dem charakteristischen Rundbau war zu dieser Zeit nicht mehr genügend Platz für all die Pakete. München wuchs schon damals. Vor allem aber musste das Postgut mit unternehmenseigenen Trambahnen vom Hauptbahnhof zur Wredestraße gebracht werden. Das alles war aufwendig und teuer. Deshalb entschied die Post, eine neue Halle zu errichten. Etwas weiter draußen, aber mit eigenem Gleisanschluss. Gut ein Dutzend Schienenstränge führten in die Halle, in der die Postzüge be- und entladen wurden. Die Ingenieure des Münchner Büros Bomhard, Dyckerhoff & Widmann entschieden sich für einen spektakulären Bau: Sie errichteten die damals "weitgespannteste Halle der Welt aus Fertigteilen", wie es in der Fachpresse hieß.

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