Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in der Schwanthalerhöhe:Tiefe rote Wurzeln

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Die Linke gräbt der SPD das Wasser ab

Von Andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

"Es macht was aus, dass die Linken hier erstmals angetreten sind. Die haben die Stimmen gekriegt von Leuten, die bisher gezwungenermaßen SPD gewählt haben." So interpretiert der Spitzenkandidat der SPD Schwanthalerhöhe, Wilhelm Mundigl, die 10,7 Prozent, welche die Linke im Viertel aus dem Stand erobert hat und die den Sozialdemokraten abgehen. Denen sind in dramatischem Maße auch noch weitere zehn Prozent abhanden gekommen. Statt bisher sieben Kollegen, finden sich künftig nurmehr Mundigl, die scheidende SPD-Stadträtin Ulrike Boesser und Christina Chatziparasidou, die ihrer Mutter Niki nachfolgt, im 17-köpfigen Gremium.

Es ist sicher ein Teil der Wahrheit, dass der achte Bezirk wie wohl kein zweiter in der Stadt tiefe linke Wurzeln hat. "Seit über hundert Jahren ist dieses Viertel links, und hier leben noch heute viele sehr politische Menschen", sagt der Linken-Spitzenkandidat Dominik Lehmann, der künftig zusammen mit Katharina Jarrah im Bezirksausschuss sitzt. Wo sonst als in der Schwanthalerhöhe ist vorstellbar, wie 2017 geschehen, dass ein Großteil der Nachbarn bei der Bürgerversammlung für die Enteignung einer privaten Immobilie, des Dönerhauses, stimmt, damit dort genossenschaftliches Wohnen entstehen kann? An der Ligsalzstraße 8 ist das links-alternative Wohnhaussyndikat als erstes seiner Art in München daheim, um die Überzeugung der "entprivatisierten" solidarischen Stadtgesellschaft zu leben. Von hier ging auch die Initiative zu einem Beratungsbüro "für von Verdrängung bedrohte Bürger, Kleingewerbler und Künstler" im Viertel aus. Um die eine Ecke kämpfen Verlag, Druckerei und Vereine im Haus mit der Roten Fahne um den Verbleib in ihrer dunkellinken Begegnungsstätte gegen die Stadt als Eigentümerin, die sie räumen will, und erfahren dabei große Solidarität aus dem gesamten Bezirk. Kein Zufall: An der Schwanthalerstraße hat Die Linke München ihre Kreisgeschäftsstelle.

"Bei uns leben viele Künstler und Migranten, das ist ein typisches Linken-Milieu", sagt Lehmann; gleichzeitig sei das Wohnen im Bezirk wie überall in der Stadt teurer geworden. "Und viele haben uns im Wahlkampf gesagt, die regierende SPD in München habe zu lange zugesehen, wie die Mietpreise nach oben gehen." Sie wüssten nicht mehr, wo die Partei stehe. Oft, sagt der 37 Jahre alte Sozialpädagoge, seien darunter auch Menschen in prekären Lebensverhältnissen gewesen. Von all dem abgesehen, leiste BA-Vorsitzende Sibylle Stöhr von den Grünen halt auch "gute Arbeit."

Die Grünen sind mit 45,9 Prozent und acht von 17 Sitzen die absoluten Sieger der Wahlrunde. Drumherum nur noch Kleinparteien mit drei (SPD), zwei (Linke und CSU) und einem (FW/ÖDP und FDP) Abgesandten. Stöhr hat signalisiert, alle einbinden zu wollen.

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SZ vom 25.03.2020
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