Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Langer Atem zahlt sich aus

Lärmgeplagte Autobahn-Nachbarn dürfen sich endlich einmal über für sie gute Nachrichten freuen

Von Thomas Kronewiter

Kein Anspruch auf Lärmschutz, keine Aussicht auf ein Tempolimit, keine Chance für Tunnel oder Einhausung - wie oft haben das die Anwohner der großen Ein- wie Ausfall-Autobahnen an der Grenze zwischen Stadt und Umland hören müssen. Vorstöße auf Bürgerversammlungen in Landeshauptstadt wie Landkreis-Gemeinden brachten nur allzu oft Ernüchterung, mancher aus der Not zum Aktivisten gewordene Bürger kann Aktenordner voller Briefwechsel und Zeitungsausschnitte vorweisen - und obendrein reichlich Frust.

Wenn nun also die von der Bayerischen Staatsregierung überraschend bekanntgegebenen Temporeduzierungen für fünf Autobahnabschnitte tatsächlich noch 2020 in Kraft treten, ist das für Tausende lärmgeplagte Autobahn-Nachbarn eine gute Nachricht. Ob man auf der A 995 zwischen Giesing und Taufkirchen künftig das Gaspedal bei Tempo 120 nicht weiter durchtreten darf, oder im innerstädtischen Schwabing und Freimann bei einer Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern abregeln muss, wird die Fahrzeit nur unwesentlich verlängern.

Dass es, wie es heißt, "umfangreicher Untersuchungen aus Anlass des ,Lärmaktionsplans für das Umfeld der Bundesautobahnen in der Landeshauptstadt München'" bedurft hat, bis sich die Behörden zu dieser anwohnerfreundlichen Regelung durchringen konnten, wird mancher mit Verwunderung quittieren. Es zeigt indes, dass sich nicht zuletzt das gesellschaftliche Umfeld für solche, in Autofahrer-Augen unpopuläre Maßnahmen gewandelt hat. Es zeigt zum zweiten, dass konstruktiver Protest nicht vergebens sein muss, mitunter aber einen langen Atem verlangt. Und es macht drittens denen Mut, die nun an den Enden der eben verkündeten Tempolimit-Abschnitte erleben dürfen, wie Autofahrer aufs Gaspedal drücken: Auch jenseits der Anschlussstelle Blumenau, des Schlosses Fürstenried und nördlich des Frankfurter Rings leben noch viele Menschen.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2020
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