Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Kein Ort für Parteien

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Wo Toleranz und Vielfalt gelebt werden, haben die nichts zu suchen, die das Gegenteil wollen. Die Stadt will AfD-Rednern deshalb den Auftritt in städtischen Räumen verweigern. Klingt einfach - ist aber wohl kompliziert

Von Martin Bernstein

Kein Rassismus auf dem Sportplatz. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hat kürzlich diese Selbstverständlichkeit sehr klar unterstrichen: Wo Toleranz und Vielfalt gelebt werden, haben die nichts zu suchen, die das Gegenteil wollen. Und wenn die bisherigen Regelungen nicht ausreichen, dann müssen eben neue her. Klingt einfach, ist aber wohl kompliziert - weil es um Grundfragen der Demokratie geht. Wirklich? Mit Verlaub: nein, tut es nicht. Es geht um Kinder. Und darum, ihnen Szenen zu ersparen wie am 5. Mai an der Lerchenauer Straße.

Damals hatte die Stadt Hausverbote gegen AfD-Redner verhängt, die in der Gaststätte einer städtischen Sportanlage auftreten wollten. Doch trotz Extremismus-Verdacht gegen AfD-Parteijugend und "Flügel"-Gruppe kippte ein Gericht den Bann. Ein Verbot nur für die AfD wird also juristisch nicht durchsetzbar sein. Wenn sie die AfD draußen haben wollen, müssen die anderen Parteien auch sich selbst den Zutritt zu städtischen Sportanlagen verwehren. Wie viel Selbstbeschränkung ist der Kampf gegen Rechts wert? So oder so ähnlich wird die Causa im Rathaus hinter verschlossenen Türen derzeit wohl diskutiert.

Es gibt aber eine ganz andere Sicht: die der betroffenen Kinder nämlich. Polizeiabsperrungen, Kontrollen, Ordner, streitende, bisweilen brüllende Erwachsene - und dazwischen verschreckte Buben, die gekommen waren, um einfach Fußball zu spielen. Und deren Eltern sie alleine hatten losziehen lassen im Vertrauen darauf, dass es auf dem Sportplatz nur um Sport geht, um Vielfalt, Fairness, Toleranz. Die AfD schert sich darum keinen Deut. Die Rathausparteien sollten ihr vormachen, wie Kinderfreundlichkeit geht, und klipp und klar festlegen: Parteipolitik hat auf dem Sportplatz genau so wenig zu suchen wie in Schulen. Das wäre ein politisches Statement.

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Quelle:
SZ vom 22.05.2019
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