Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Grün ist weit weg

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Am Heizkraftwerk München-Nord zeigt sich das Problem der Energiewende der Stadtwerke: Sie setzen auf sauberen Strom, nur kommt der nicht aus der Region

Von Katja Riedel

Im Mai werden die Stadtwerke München (SWM) eine wichtige Grenze überschreiten, sie werden dies mit einem Fest feiern: Es ist Halbzeit - auf dem langen, teuren Weg, bis zum Jahr 2025 so viel Strom aus regenerativen Quellen zu erzeugen, wie ganz München verbraucht. Zu Recht hat dieses ehrgeizige Projekt, das keine andere Großstadt bisher in gleichem Maße verfolgt, international viel Anerkennung erfahren.

Doch das Projekt hat einen gewaltigen Schönheitsfehler: München selbst wird von dem grünen Strom, der in das große Netz eingespeist wird, kaum profitieren. All die Sonnen- und Windparks der SWM, all die Andasols, Gwynt y Môrs oder Global Techs, die nach Zukunft klingen und dies auch sind, liefern keine einzige Kilowattstunde, mit der in München eine U-Bahn fährt oder ein Fernseher läuft. Enttäuscht davon sind vor allem all jene, die sich nicht nur eine rechnerische, sondern eine echte Münchner Energiewende wünschen. Und zwar vor der Tür. Dass sich ausgerechnet die grünen Stadtwerke winden, binnen zehn Jahren das Heizkraftwerk Nord vorzeitig zu schließen, und dorthin angekarrte Kohle bis 2035 verfeuern wollen, enttäuscht die Münchner Grünen.

Doch die SWM stecken in einer schwierigen Lage: Sie brauchen das Kraftwerk, und zwar doppelt. Sie brauchen zum einen zuverlässigen Strom. Denn all die Wasserkraftwerke, Photovoltaik- und Windkraftanlagen reichen nicht aus, um Großlieferanten wie das Heizkraftwerk zu ersetzen; auch weil der Strom aus regenerativen Quellen nicht nach Bedarf hoch- und runtergefahren werden kann wie der herkömmlicher Kraftwerke. Sie brauchen aber auch die Millioneneinnahmen, um sie in Milliardenbeteiligungen an Offshorewindkraft, Gasfeldern oder Solarkraftwerken zu stecken. Diese sind leider weit weg, aber 7,5 Terawatt Strom lassen sich nun mal nicht gewinnen mit kleinen Windparks in Oberbayern oder Photovoltaik auf Münchner Dächern.

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Quelle:
SZ vom 15.04.2015
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