Süddeutsche Zeitung

Kochbuch:Grundakkord aus Suppn, Fleisch, Gmüs

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Ein Altmünchner Kochbuch will zum Nachkochen anregen und an alte Rezepte erinnern

Von Andreas Schubert

Von wegen Schweinsbraten: Vielen, die nach der echten Münchner Küche gefragt werden, dürfte der bayerische Klassiker spontan als erstes einfallen. Dabei kam Schwein in der Stadt früher nur selten auf den Tisch. Wenn es Fleisch gab, dann meistens vom Ochsen. Schwein - das war auf dem Land und in anderen Regionen Bayerns weiter verbreitet. Entsprechend fehlt der Schweinsbraten auch im Altmünchner Kochbuch, das Stefania und Franz Peter jetzt im Volk-Verlag herausgegeben haben. Die Rezepte stammen aus dem Nachlass von Maria Pauly, der Großtante von Franz Peter, die 1876 auf dem Zehentbauernhof in Giesing geboren wurde und bis zu ihrem Tod 1967 gleich nebenan in ihrem Haus an der Ecke Zehentbauernstraße/Tegernseer Landstraße lebte. Der Hof musste bereits in den 1930er Jahren der vierspurigen Martin-Luther-Straße weichen.

Als Franz Peter das Haus seiner Großtante erbte, fand er darin ein handgeschriebenes in Leder gebundenes Büchlein mit Rezepten, die Maria Pauly 1899 in einer Koch- und Haushaltsschule für höhere Töchter erlernte. Bayern war damals ein Königreich unter Prinzregent Luitpold - das jetzt veröffentlichte Buch trägt den Titelfortsatz "Rezepte aus der Prinzregentenzeit für die Küche von heute". Das bedeutet, dass die Peters die alten Rezepte in lateinische Druckschrift transkribiert (und dabei die originale Rechtschreibung der Großtante beibehalten) haben und dazu auf den hinteren Seiten Einkaufstipps geben, wo die Zutaten zu bekommen sind sowie Ergänzungen zu den doch recht knappen Aufzeichnungen der "Tante Mari".

Stefania Peter recherchierte aber auch in alten Büchern wie "Die wohlberatene Hausfrau in Stadt und Land" über die allgemeinen damaligen Ernährungsgewohnheiten. "Suppn, Fleisch und Gmüs - dieser Dreiklang bildete den Grundakkord der bürgerlichen Altmünchner Küche", schreibt sie. Traditionell wurde die Suppe am Samstag für die ganze Woche vorbereitet, gekocht wurde sie aus Ochsenfleisch, das separat gegessen wurde und weich und zart sein konnte, wenn es ein Tafelspitz war. Wenn es aber bei schlechterer Qualität trocken und faserig wurde, bezeichneten es die Münchner früher als "Pani", was sich vermutlich vom italienischen Wort "pane" (Brot) ableitete.

Die Suppenauswahl reicht von Leberknödelsuppe über Nudel- und Hirnsuppe bis hin zur Schildkrötensuppe. Letztere war bis ins 19. Jahrhundert ein beliebtes, edles Mahl - was dazu führte dass Schildkröten in Mitteleuropa nahezu ausgerottet wurden. Dass es im Buch aufgeführt ist, sei nur dem kulturhistorischen Aspekt geschuldet, betonen die Herausgeber. Ansonsten sei das Buch ausdrücklich zum Nachkochen gedacht. Und so finden sich Rezepte für "Hühnerschaumspeise" (Pastete aus Hühnerfleisch) oder gefüllte Kalbsnuss ebenso wie diverse Wild und Fischgerichte sowie Nachspeisen und Grundrezepte - etwa für Nudeln oder Soßen.

Ein hübsches Detail des Buches sind die Bilder, die Stefania Peter selbst gezeichnet hat, statt Fotos der Speisen abzudrucken. Sie unterstreichen den historischen Charakter der Rezeptesammlung, die einerseits einen Einblick in frühere Ernährungsgewohnheiten gibt, andererseits aber durchaus Nachkochbares enthält.

Maria Pauly, "Das Altmünchner Kochbuch", 160 Seiten, 19,90 Euro, erschienen im Volk-Verlag.

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SZ vom 29.05.2015
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