Süddeutsche Zeitung

Klassik:Am liebsten: zweimal

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Spannend und originell: Die Münchner Philharmoniker und Pianist Seong-Jin Cho überzeugen mit Thierry Escaichs "Etudes symphoniques" in der Isarphilharmonie.

Von Klaus Kalchschmid

Mit seinen "Arising Dances" wurde die Isarphilharmonie eröffnet, im April 2024 werden dort die Philharmoniker mit Renaud Capuçon sein neues Violinkonzert uraufführen. Dazwischen gab es am gleichen Ort nun unter Dima Slobodeniouk mit dem souveränen Seong-Jin Cho am Flügel Thierry Escaichs "Etudes symphoniques" zu hören. Zumindest was den Namen angeht, gibt es ein großes Vorbild: die "Sinfonischen Etüden" von Robert Schumann.

Hier wie dort spielt das Klavier die Hauptrolle, bei Schumann allerdings solistisch, bei Escaich hat es ein großes Orchester an seiner Seite. Nicht nur weil die vier Sätze ineinander übergehen, wirkt das Ganze wie ein großer Organismus, der das Verhältnis von Soloinstrument und Orchester immer wieder neu definiert, den Pianisten nur im Finale manchmal akustisch in den Hintergrund rückt. Das klingt in jedem Moment spannend und originell. Es ist ein veritables, handwerklich hervorragend gemachtes, dankbares Klavierkonzert, das virtuose Passagen ebenso kennt wie im Zentrum ein nur von Streichern umhülltes lyrisches Intermezzo des Klaviers. Das Finale bildet eine "Toccata", die nicht zuletzt dank synkopisch verschobener Metrik auch rhythmisch sehr akzentuiert ist.

Am liebsten hätte man diese "Etüden" nach der Pause noch einmal gehört, dann wäre es wohl möglich gewesen, die einzelnen Teile, etwa die Passacaglia des Kopfsatzes, im Detail nachzuvollziehen. Auch die Variationen der eröffnenden Akkorde des Klaviers, die als Leitmotiv das ganze Werk durchziehen, wären wohl deutlicher geworden.

Doch als weiteres großes Werk stand die zweite Symphonie von Sergei Rachmaninow auf dem Programm. Und der für Semyon Bychkov eingesprungene Dima Slobodeniouk bewies auch hier eine sehr akkurat und unaufgeregt ordnende Hand, die sich vom teils Überbordenden dieser Symphonie nie zum Forcieren verleiten ließ. Die Philharmoniker dankten es ihm mit großer Präzision wie entspannt sich entfaltender Klanglichkeit.

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