Süddeutsche Zeitung

Kilombo:Eine Bar mit Vorbildfunktion

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Heim, Chaos, Freudenhaus: Das Kilombo macht das Westend für Nachtschwärmer interessant.

Lisa Sonnabend

Da ist er schon wieder, dieser ewige Berlin-Vergleich: Das Westend sei das Kreuzberg Münchens. Dass diese Behauptung nicht stimmt, belegt allein schon ein Vergleich des Kneipenangebots der beiden Stadtteile. In Kreuzberg gibt es legendäre Bars wie das Möbel Olfe, gemütliche Cafés wie das Bateau Ivre oder alternative Kneipen wie das Vor Wien. Und im Westend - da gibt es eigentlich nur eine vernünftige Bar, das Kilombo.

Schon seit Jahren wird über das Westend gesagt: Das wird das neue In-Viertel Münchens. Schon seit Jahren wartet man, bis endlich die Verwandlung vom Arbeiterviertel in ein Künstlerviertel vorangeht. Schon seit Jahren fragt man sich, wer eigentlich den langen Weg aus dem Zentrum auf sich nimmt, um mittelmäßige Kneipen wie das Ça va, Feuchtwanger oder Café Westend aufzusuchen. Bis endlich im Herbst 2007 etwas passierte.

Das beliebte Kilombo zog aus der Au in die Gollierstraße 14a. Und seitdem nehmen deutlich mehr Nachtschwärmer den Weg bis ins Westend auf sich. Viele Stammgäste sind dem Kilombo treu geblieben - wie zum Beispiel Barbara. "Ich komme nicht mehr so oft wie früher", sagt die junge Mutter. "Aber alle paar Wochen zieht es mich schon hin." Sie unterhält sich mit der Barkeeperin, bis ihre Freundin kommt und sie auf dem breiten Fensterbrett Platz nehmen. Es geht familiär zu im Kilombo.

Kilombo ist ein portugiesischer Ausdruck und bedeutet mein Haus, Chaos und Freudenhaus. Und im übertragenen Sinn passt dieser Name perfekt zu der Kneipe. Die L-förmige Bar von Betreiber Christian Bau ist schlicht eingerichtet, nur ein üppiger Kronleuchter hängt an der Decke. Die Lampen scheinen in einem sanften, rötlichen Ton. Die eine Seite des Raumes ist frei gelassen, denn oft geht es eng zu im Kilombo - vor allem wenn hier bekannte DJs aus der Stadt auflegen.

An den vier Tischen stehen braun-graue Polsterstühle, die in den sechziger Jahren im Sitzungssaal des Münchner Rathauses standen. Als Oberbürgermeister Christian Ude im Kilombo an einem Abend im vergangenen Wahlkampf seine Lieblingsplatten auflegte, hat er die Stühle gleich wieder erkannt.

Seit dem Umzug aus der Au ist die Bar kleiner geworden und der beliebte Literaturabend "Geschichten aus der Großen Stadt" wurde eingestellt. Auch Schnitzel, Pommes und andere Gerichte gibt es nun nicht mehr. Die Bedienung reicht aber gerne Speisekarten aus verschiedenen benachbarten Restaurants. Wer Hunger hat, kann sich etwas bestellen und darf es dann - nach dem Biergartenprinzip - in der Kneipe verzehren. Ausgeschenkt werden Ayinger Bier, Wein, Longdrinks und Schnäpse.

Das Kilombo ist ein Raucherklub. Doch eine dieser lästigen Mitgliedskarten muss man hier nicht vorzeigen. Wer ins Kilombo will, muss klingeln! Dies machen vor allem Mittzwanziger bis Mittdreißiger, die Gäste sind deutlich älter als in anderen Münchner Szenebars.

Aber wenn sich der Ruf des Kilombos außerhalb des Westends weiter herumspricht, werden sicherlich auch die jungen Münchner bald folgen. Und wenn die anderen Kneipen im Westend ein bisschen vom Kilombo abkupfern, wird es vielleicht doch noch etwas mit dem Vergleich zwischen Kreuzberg und Westend.

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