Süddeutsche Zeitung

Wenn die Baywa feiert:100 Jahre - 1000 Männer

Lesezeit: 3 min

Söder, Hoeneß, Hainer: Der Agrar- und Baukonzern Baywa zelebriert in der Münchner Isarphilharmonie sein Jubiläum, der Branche entsprechend mit eher geringem Frauenanteil. Doch am Ende kommt eine auf die Bühne, die gut zum Unternehmen passt.

Von Philipp Crone

Uli Hoeneß müsste man sein. Der Ehrenpräsident des FC Bayern kommt beinahe so spät wie der Ministerpräsident, wird dabei auch noch vom Gastgeber mit ausgiebigster Freude empfangen und anschließend auf seinen Platz geleitet durch ein leeres Foyer. Perfekter Auftritt, bis auf einen Mini-Makel.

Das Foyer war 20 Minuten zuvor an diesem Mittwochabend in der Isarphilharmonie noch so voll, dass jedwede normalen Gäste nach dem Eintreten zunächst alle ratlos herumschauten. Der Anblick ähnelte einer Art Königspinguin-Kolonie bei minus 40 Grad: Alle sehen gleich aus und stehen eng zusammen. In diesem Fall hat es aber sehr angenehme Temperaturen, duftet nach Rotwein und Hummus-Häppchen, und die Gleichheit kommt durch die Männerquote, die auch durch die Ehrengäste zementiert wird.

Zementiert darf man in diesem Fall schon sagen, denn die Isarphilharmonie ist außen und innen in Grün getaucht, in Baywa-Grün, diesem Unternehmen, das auch Baustoffe verkauft und hier gerade seinen 100. begeht. Und als dann später alle, sogar Söder, auf ihren Plätzen sitzen, kommt neben den erwartbaren Gratulationen und Lobesgirlanden noch eine eher unerwartete Komponente an diesem erst so steif wirkenden Abend dazu: unfreiwillige Komik.

Es stehen also zunächst etwa 92,4 Prozent Männer im Foyer, von denen sich bis auf den bayerischen Umweltminister alle an den ausformulierten Dresscode Anzug und Krawatte gehalten haben, und trippeln ein wenig durch die Stehtischreihen. Da sind die Gesellschaftsfotografen heilfroh, als sie eine Königin entdecken, denn von handelsüblicher Prominenz ist zunächst nichts zu sehen. Da fallen Frauen auf und welche mit Kopfschmuck besonders.

"Ist das die Weinkönigin?", fragt einer. Nein, die Waldkönigin. Und neben ihr die Waldprinzessin, die Weinkönigin kommt erst später. Ansonsten sind unter den 1000 Gästen lauter Beton-, Mais- und Traktorkönige zugegen, und ein Malzpapst in Gestalt von Paulaner-Chef Andreas Steinfatt, der genauso routiniert von der Baywa schwärmen kann wie von seinem Bier. Wo man auch fragt, ist die Antwort: Ist eben eine bayerische Institution und mittlerweile auch internationale Erfolgsgeschichte. Da wundert es nicht, dass der FC Bayern und die Baywa beim Sponsoring zusammengekommen sind.

Platz 17 - das ist ein Hoeneß nicht gewohnt

Die Baywa, also die "Bayerische Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften AG", 1923 gegründet, verkaufte zunächst weiter, was die Landwirte produzierten, und bot an, was sie benötigten. Das funktionierte so gut, dass die Baywa heute ein globales Unternehmen ist mit Standorten in 50 Ländern und neben der Landwirtschaft mit Sparten wie Solar, Digitalisierung oder Bauen. Man handelt zum Beispiel mit 200 Gemüseprodukten, oder, wie es Hoeneß sagt: "Baywa, das sind Äpfel aus Neuseeland." Er muss aber jetzt schnell in den Saal und schaut grimmig, vielleicht liegt das an seiner Eintrittskarte, auf der steht: Platz 17. Das ist ein Hoeneß nicht gewohnt.

FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer erzählt derweil noch von seiner Jugend in Niederbayern, als es in jedem größeren Dorf schon einen Standort der Baywa gab "und viele meiner Schulkameraden da später angefangen haben". Vielleicht auch, um einmal auf einem Fendt-Traktor fahren zu dürfen? Zumindest Hainer hatte diese Sehnsucht immer schon. "Ob ich einen Traktor fahren könnte? Natürlich! Nur dürfte ich es mit meinem Führerschein nicht."

Filmsternchen oder ähnliches? Fehlanzeige. Da wundert es nicht, dass Moderator Alexander Mazza, eher Vertreter der C-Prominenz, mit Blitzlicht gefeiert wird, als hätte er Hoeneß gerade ein Weißbierglas drübergeschüttet. Selbst die Kirchen-Abordnung geht im Pinguin-Pulk unter, Apostolos Malamoussis von der Griechisch-Orthodoxen Kirche checkt lieber schnell noch seine Mails am Handy, ehe er in den Saal schreitet, wo nun das Selbstfeierprogramm offiziell startet.

Klaus Lutz, der scheidende Chef, wird dabei ähnlich umjubelt wie das Unternehmen, was sicher auch an seiner Fähigkeit zu Klartext und Selbstironie liegt. Vor dem Einlass rief er den Mitarbeitern im Foyer noch zu: "So wird das nix!", dass alle rechtzeitig auf den Plätzen sitzen. Drinnen berichtet er dann von "Liebe auf den ersten Blick" zwischen ihm und dem Aufsichtsrat Manfred Nüssel, der ihn vor 15 Jahren als Chef empfahl. In so einer Männerrunde ist das natürlich eine Steilvorlage, die sich Söder nicht entgehen lässt ("scheint eine On-Off-Beziehung zu sein").

Und nachdem Festredner Django Asül der Baywa als "Agrar-Batman" gratuliert hat, die "einen fundamentalen Methan-Mangel in der Atmosphäre" festgestellt und sich daraufhin ganz besonders um Futtermittel gekümmert habe, darf dann am Ende der von Lutz ersehnte Hauptact auf die Bühne. Sarah Connor, ganz bodenständig in Delmenhorst zu einer Weltkarriere gestartet, das passt doch zum Unternehmen. Und nach "From Sarah with love" dürfen die Gäste dann zum Ausklang auch gerne wieder über Futter, Fußball und Fahrzeuge reden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5747984
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.