Süddeutsche Zeitung

Jazz:Freiheit für die Stimme

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Andreas Schaerer singt in der Unterfahrt

Von Ralf Dombrowski

Die Stimme ist ein tückisches Instrument. Denn sie ist da, man wird sie nicht los oder kann sie austauschen wie eine Geige gegen eine andere. Sie ist aber auch ein pfiffiges Instrument. Zum einen ist sie unmittelbar mit der Persönlichkeit des Künstlers verknüpft, kann aber außerdem durch die Sprache mit den Möglichkeiten von Sinn und Unsinn des Verstehens spielen. Andreas Schaerer kennt dieses Potenzial und nutzt es mit Inbrunst. Zum einen liebt er den Gesang in seiner europäisch ausgebildeten Form. Das ist die klassische Farbe, barocktrunken, opernhaft, liedgeschult, zeitgenössisch experimentell.

Sie fängt aber erst richtig zu schillern an, wenn sie im Kontrast zu ungekünstelter, unmittelbarer Stimmgestaltung steht, improvisiert im Sinne der Spontaneität, komponiert als geplante Zuspitzung von Spannung. Wenn Schaerer singt, ist daher alles erlaubt, solange es im Hinblick auf den Ausdruck und den musikalischen Moment sinnvoll ist: Schreien, Atmen, Geräusche, Koloraturen, Scat, Rap, Swing, Blues, wilde Ekstase und zärtliche Versenkung. Die einzige Grenze für den agilen Schweizer mit Lehrauftrag an der Berner Hochschule der Künste ist die Stimmgesundheit.

Ansonsten experimentiert er im Duo mit Drummer Lucas Niggli ebenso wie als Konzertpartner von Bobby McFerrin, leitet schrille Bands wie Hildegard lernt fliegen oder konzipiert Projekte wie "Perpetual Delirium", mit dem er am Donnerstag von 21 Uhr an im Jazzclub Unterfahrt Station macht. An seiner Seite musizieren die Saxofonisten des Schweizer Arte Quartetts und der Bassist Wolfgang Zwiauer. Gemeinsam lassen sie alle Zwänge der Genres hinter sich und spielen Musik voll Witz und Revoluzzergeist.

Andreas Schaerer meets Arte Quartett & Wolfgang Zwiauer: Perpetual Delirium, Donnerstag, 23. April, 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

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Quelle:
SZ vom 22.04.2015
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