Süddeutsche Zeitung

Isar:"Verbieten muss man das Grillen! Dann ist Ruhe!"

Lesezeit: 2 min

Von Jasmin Siebert, München

Seit langer Zeit schon kämpft Roswitha Hörmann dafür, dass das Massengrillen an der Isar eingedämmt wird. 40 Jahre wohnt sie mit ihrem Mann an der Schäftlarnstraße. Ihre Bronchien bereiten ihr Probleme, sagt sie, ausgelöst von qualmenden Grills, wie ihr eine Ärztin bestätigt habe. Hörmann sammelte Unterschriften, beklagte sich beim Bezirksausschuss, beschwerte sich bei den Behörden. Genutzt hat das alles nichts. Deswegen hat sie sich nun mit einer Petition an den Landtag gewandt: Die Grillflächen an der Isar sollen verkleinert werden, fordert sie.

Der SPD-Politiker Florian von Brunn unterstützt Roswitha Hörmann und hat am Mittwochabend zur Ortsbegehung eingeladen. Gekommen sind neben dem CSU-Abgeordneten Hans Ritt mehr als ein Dutzend Vertreter von vier städtischen Referaten. Und natürlich jede Menge Anwohner, die ihrem Ärger Luft machen. Regenwolken hängen über der Isar, es windet stark: Nicht gerade ein geeigneter Tag, um sich ein Bild zu machen von den grillenden Massen. Die Behördenvertreter beteuern, dass sie alle in München wohnen und daher genau wüssten, wie es an heißen Tagen am Flaucher zugehe. Zur Sicherheit reicht eine Anwohnerin Fotos herum. Ihre Bilder zeigen Rauchschwaden, die die Brudermühlbrücke einhüllen, und Müllberge, die sich auf dem Kiesbett der Isar türmen.

Doch um Müll und Lärm geht es bei dieser Ortsbegehung gar nicht, sondern um den Holzkohlerauch, der nicht nur stinkt, sondern auch gesundheitsschädlich sein kann. Ständig sei sie dem Qualm ausgesetzt, sagt Hörmann. Die Rauchschwaden zögen von der Isar herüber und verteilten sich dann auf Höhe ihrer Wohnung im vierten Stock. Auf ihrem Balkon sitze sie schon lange nicht mehr. "Wir wären froh, wenn wir die Fenster öffnen könnten", sagt Hörmann. Die Stadt solle an der Isar Gas- oder Elektrogrills aufstellen, schlägt die Anwohnerin vor.

Bei den Behördenvertretern stößt die Idee nicht gerade auf Gegenliebe. Es sei schon aufwendig genug, Müllcontainer und mobile Toiletten bei Hochwasseralarm zu entfernen. Aber Elektrogrills? Nein. Auch Hörmanns Wunsch, die Immissionswerte zu messen, lehnen sie ab. Dazu fehle die rechtliche Grundlage, erklären die Beamten vom Baureferat. Außerdem, und da sind sich alle anwesenden Experten einig, würden solche Messungen ohnehin keine erhöhten Grenzwerte zutagefördern.

Um den vielen Beschwerden auch etwas Positives entgegenzusetzen, lobt Alexander Kressierer vom Baureferat die Sauberkeitskampagnen und die kostenlose Isar App, mit der man nachschauen kann, wo das Grillen erlaubt ist und welche Toiletten in der Nähe zu finden sind. In dem Moment kann ein Anwohner - er möchte in der Zeitung nur Udo D. genannt werden - nicht mehr an sich halten. Die Situation werde schöngeredet, ruft er aufgebracht dazwischen. Und: "Schwäne schlucken Kronkorken und schneiden sich die Füßchen auf." Udo D. reicht es. Er will klagen und fordert die Anwesenden dazu auf, sich ihm anzuschließen.

Der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn bemüht sich, den Ärger in einen konstruktiven Dialog umzulenken. Etwas halbherzig versprechen die Behördenvertreter schließlich zu prüfen, ob Schadstoffmessungen nicht doch möglich wären. Die Vorschläge der Anwohner, Grillzonen zu verkleinern oder zu verlegen, verwerfen sie aber.

Stefan Fiedel von der Unteren Naturschutzbehörde sagt zwar, es gebe "Auswirkungen auf die Natur". Doch man müsse die verschiedenen Vorstellungen der Menschen von Erholung in Einklang bringen. Sämtliche ausgewiesenen Grillzonen seien überfüllt - mit Ausnahme jener am Langwieder See draußen im Nordwesten. "Gibt es denn ein Menschenrecht auf Grillen?", fragt Hörmann. Auch ihr platzt jetzt der Kragen. "Nein! Aber ein Recht auf gesundheitliche Unversehrtheit!" Rauchfreie Kneipen habe sich auch niemand vorstellen können, nun habe sich jeder daran gewöhnt. "Verbieten muss man das Grillen! Dann ist Ruhe!"

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Quelle:
SZ vom 14.07.2017
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