Süddeutsche Zeitung

Operette:Im Witwenstaat

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Im Hofspielhaus wird Franz Lehárs erfolgreichste Operette lustig weitergedreht: Die Heldin spielt hier ein Mann.

Von Barbara Hordych

Es gibt berühmte Rückkehrerinnen, die noch einmal die Begegnung mit früheren Orten oder Liebsten oder beidem suchen: Man denke nur an Thomas Manns "Lotte in Weimar" oder Dürrenmatts "Besuch der alten Dame". Christiane Brammer hat im Hofspielhaus das Schicksal einer anderen Rückkehrerin aufgegriffen und weitergedreht: Franz Lehárs "Lustige Witwe". Die hat im Original einmal wegen des Geldes, und dann, verwitwet und vermögend, ein zweites Mal der Liebe wegen geheiratet. "1905 war sie ein erstes Musterbeispiel der Frauenemanzipation in der Operettenliteratur, kein Wunder, dass viele Frauen sie sich zum Vorbild nahmen", sagt Brammer bei der Einführung.

Im Hofspielhaus gibt der vielseitige Verwandlungs-Künstler Chris Kolonko die lustige Witwe. Und weil der schon einige Jahre über 35 ist (angedachtes Witwen-Alter bei Lehár), haben die Regisseurin und ihr Librettist Sascha Fersch sie ein zweites Mal ihres Gatten beraubt: Im schwarz-imposanten Witwen-Staat betritt Kolonko mit seiner charakteristischen Marlene-Dietrich-Stimme und einer Urne im Arm die Bühne. Die ist ein tristes Hotelzimmer im siebten Stock "ohne Aussicht, weil die Fenster sich ab dem 3. Stock nicht mehr öffnen lassen", wie ihr der Page Rosillion (der österreichische Liedermacher Christoph Theussl) erklärt. Späterhin gibt es dort aber trotzdem so einiges zu sehen: Ist das Rollo hochgezogen, laufen hier Videosequenzen ab, singt und tanzt etwa die Hofspielhaus-Chefin mit Gleichgestimmten das "Grisetten"-Lied.

Aber erst einmal wird Champagner bestellt, der Page des öfteren herbeizitiert. Man ahnt bereits: Diese Witwe ist einsam, hat aber keineswegs vor, es zu bleiben. Das Angebot "Nostalgie" des Hauses kommt da gerade recht. Gäste können Erinnerungen mithilfe von Schauspielern wieder auferstehen lassen. Und Hanna? Die träumt von einem Abend in Paris, will noch einmal mit ihrem geliebten Danilo ins Maxim.

Hier kommen der unterbeschäftigte Schauspieler Kostja (Burkhard Kosche) und mit ihm seine Freundin Valencienne (Anna Perwein) erst auf die Leinwand und dann auf der Bühne ins Spiel. Mit Schal, Zylinder und schönem Bass verkörpert Kosche Danilo, bringt mit seinen Partnerinnen Lehár-Melodien wie "Zauber der Häuslichkeit" und "Lippen schweigen" stimmgewaltig zu Gehör (musikalische Einrichtung: Stephan Reiser). Auch wenn es im ersten Teil an einigen Stellen noch hakt, legen Handlung wie Akteure im zweiten Teil an Tempo und Dynamik zu. Das leicht abgewandelte Lied "Ja, das Studium der Liebe ist schwer" müssen die Darsteller zum Schluss gleich mehrfach performen.

Die lustige Witwe, wieder ab 7. Mai, www.hofspielhaus.de

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