Süddeutsche Zeitung

Hörenswert:Melodietherapie

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Alex Diehls sehr persönliches neues Album "Laut"

Von Marco Mach

Ein Mann, seine Gitarre und "Nur ein Lied" - mit seinem Paris-Song landete Alex Diehl aus Waging am See Ende 2015 einen viralen Hit. 2016 wäre er damit fast zum Eurovision Song Contest nach Stockholm gefahren, belegte beim deutschen Vorentscheid Platz 2. Eigentlich lief es für den Singer-Songwriter so gut wie nie in seiner damals noch jungen Karriere. Doch dann ereilte ihn ein Rückschlag. Wieder einmal in seinem von Um- und Abbrüchen geprägten Leben. "Von heute auf morgen konnte ich nicht mehr beziehungsweise nur noch mit großen körperlichen Schmerzen singen", sagt Diehl. Etliche Arztbesuche und Therapien folgten - ohne Ergebnis und Besserung. Er selbst führt sein Leiden mittlerweile auf die Diabetes-Krankheit seiner Lebensgefährtin zurück, vor allem auf die Angst, bei einem ihrer Anfälle nicht da zu sein.

Jetzt verarbeitet der 32-Jährige diese harte Zeit in seinem dritten Album "Laut", singt einfach gegen den immer noch vorhandenen Schmerz an ("Wieder am Leben"). Diehl bleibt sich treu, präsentiert sich darauf stimmgewaltig wie eh und je, musikalisch mitreißend und überraschend vielfältig sowie textlich extrem ehrlich. Persönlich statt poetisch. Teils melancholisch, immer ermutigend. Das ist mehr als Singer-Songwriter-Romantik. Fette Drums und sphärische E-Gitarren führen einige der zwölf Songs in Genres wie Hip-Hop ("David & Goliath") oder Synthie-Pop. Inhaltlich deckt der Oberbayer, der eine körperlich-stimmliche Mischung aus Heinz Rudolf Kunze und Joe Cocker darstellt, das pralle Leben ab - laut und leise, Tag und Nacht, Leben und Sterben, Trennung, Ängste, Zweifel, unerfüllte Liebe, dazu etwas Zeitkritik ("Keiner ist besser als wir"). Die Platte, die gerade eben erschienen ist, klingt nicht nur nach einer Therapie für Alex Diehl. Sie ist es. Vielleicht auch für den einen oder anderen Hörer.

Alex Diehl: Laut , Big Deal Records; Live: Di., 15. Sep., 20.30 Uhr, Backstage, Reitknechtstr. 6

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Quelle:
SZ vom 05.09.2020
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