Süddeutsche Zeitung

Hip-Hop:Kraftworte des Glaubens

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Moses Pelham gibt sich auf seinem Soloalbum "Emuna" verwundet, aber ungebrochen. Kunst, rappt der bibelfeste Soulbruder, sei eine "heilige Pflicht", denn "Lieder retten Leben".

Von Michael Zirnstein

Wenn Moses Pelham das Wort erhebt, wird es ernst. Schon mit dem Rödelheim Hartreim Projekt verlieh der Frankfurter dem damals im Vorschulalter befindlichen deutschen Hip-Hop Gedankenschwere. Dann wieder war das Zerwürfnis des mächtigen Musikproduzenten mit seinem Freund und Mündel Xavier Naidoo so abgrundtief wie die Versöhnung später himmelhochjauchzend. Als Songwriter und Rapper teilte Pelham in einer Solo-Trilogie sein inneres Leid mit der ganzen Nation: "Meine Heimat ist ein Herz". Nun zum neuen Album "Emuna" deuten die Zeichen gar auf einen künstlerischen Überlebenskampf: Der Piepton des Puls-Monitors zu Beginn im Stück "Notaufnahme" - das ist also die Platten-Aufnahme eines Notfallpatienten. Alles ist existenziell, alles ist Selbstheilung, aber auch das Schwert eines Song-Samurais: Die Kunst sei ein Auftrag, eine "heilige Pflicht", denn "Lieder retten Leben", nicht nur seines, sinniert er im Soul-vollen "Weiße Fahne", seine Stimme nur von Cello, Klavier und Tränen begleitet. Das Stücke schöpfe "seine Brutalität aus seiner Fragilität", sagt Pelham. Er ist verwundet, aber sein Wille ungebrochen: "Solang mein Herz schlägt, solang ich leb', weht hier keine weiße Fahne." Ja, im "Stresstest" des heutigen Hip-Hop, in dem der alte Meister sich von den Lehrbuben unverstanden fühlt, ist dies "Mucke für wenn's hart auf hart kommt".

Dann inszeniert sich der bibelfeste Soulbruder auf einem Foto im Kapuzenpulli wie ein Mönch in der Kutte. Es geht nicht bloß um Glauben, es geht um "Emuna". Glaube auf Deutsch ist schwach, demütig vor Gott, erklärt Pelham, das hebräische Wort "Emuna" übersetzt er frei nach seinem Rabbiner-Freund David mit einer "Kraft durch den Glauben", der sich in einer alttestamentarischen Moses-Geschichte sogar Gott beugte. Angst davor, zum spirituellen Spinner abgestempelt zu werden (wie oft Naidoo), kennt Pelham nicht. Er ist so gut drauf wie lange nicht. Diese "Emuna" bereitet Moses 2.0 auf Großes vor, wie er im Titelstück andeutet: "In meinem Weg sind keine Steine sondern Stufen." Und ein hilfreicher Engel singt beflügelnd: "Plötzlich hebst du ab, es ist nichts was dich hält." Die Stimme ist die von Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß, nicht der einzige Gast. Namika spricht einen selbstironischen Text im Stück "Äää", das wiederum der Comedian Atze Schröder mit einem Zitat des anarchistischen Kängurus von Marc-Uwe kling startet: "Viele sagen, man soll dann gehen, wenn's am schönsten ist. Aber ich sage, man soll dahin gehen, wo's am schönsten ist." Wo auch immer das für Pelham ist, sein Humor wird meist unterschätzt.

Moses Pelham , Sa., 14. März, 20 Uhr, Technikum, Speicherstr. 28, Karten unter Telefon 21837300 oder online

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SZ vom 12.03.2020
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