Süddeutsche Zeitung

Harlaching:Exponierte Lage

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Auf seinem Grundstück am Schilcherweg plant der Freistaat relativ günstigen Wohnraum für Familien, Senioren und Menschen mit Behinderung. Der Bedarf an sozialen Einrichtungen ist damit aber nicht gedeckt

Von Julian Raff, Harlaching

Die Südspitze des Viertels, idyllisch zwischen Perlacher Forst und Isarhang gelegen, glänzt nicht gerade durch eine Vielzahl öffentlicher, sozialer Bauprojekte, was sich aber bald ändern dürfte: Am Schilcherweg, im äußersten Südzipfel Harlachings, plant der Freistaat auf seinem 3700 Quadratmeter großen Grundstück, relativ günstigen Wohnraum für Familien, Senioren und Menschen mit Behinderung zu bauen. Außerdem könnten hier bevorzugt Fachkräfte aus Pflege und Kinderbetreuung unterkommen. Das umstrittene Wohnprojekt für anerkannte Flüchtlinge und alleinstehende Bewerber ist damit vom Tisch.

Eine von Anwohnern vehement geforderte Kita könnte stattdessen gut 700 Meter weiter nördlich, an der Harthauser Straße 94 entstehen. Dort wird ein der Landeshauptstadt vermachtes, rund 4000 Quadratmeter großes Villengrundstück frei, das bereits 2009, damals noch vermietet, vom Bezirksausschuss (BA 18) als Sozial-Standort vorgeschlagen wurde. Das Kommunalreferat prüft derzeit die Möglichkeit einer Betreuungseinrichtung, insbesondere, um das hiesige Defizit bei der Versorgung mit Krippenplätzen auszugleichen.

Noch einmal einen guten halben Kilometer weiter nördlich, auf einem staatlichen, 1,5 Hektar großen Grundstück an der Harthauser Straße 48 könnte außerdem eine Zweigstelle der überfüllten Grundschule an der Rotbuchenstraße entstehen - oder Wohnungen für Staatsbedienstete, falls das grundlegende, vom BA favorisierte Grundstücksgeschäft mit der Landeshauptstadt nicht zustande kommt. Bis dato konzentrierte sich die Aufmerksamkeit aber auf das Areal am Schilcherweg 8: Wie Wohnungsbauministerin Ilse Aigner kürzlich dem Landtagsabgeordneten Andreas Lorenz (CSU) auf Anfrage mitteilte, überträgt der Freistaat das Grundstück der Bayernheim GmbH. Die Mitte Juli gegründete staatliche Wohnbaugesellschaft soll bis 2025 rund 10 000 erschwingliche Wohnungen schaffen, 1000 davon auf dem Giesinger McGraw-Areal. In Harlaching sieht ein erstes Konzept zwei versetzte Häuser mit drei Geschossen und Walmdach vor. Insgesamt sollen dort 15 barrierefreie Zwei- bis Vierzimmerwohnungen entstehen, sowie eine Tiefgarage mit 15 Plätzen. Sicher kein Befreiungsschlag auf dem Münchner Wohnungsmarkt, aber "die maßgebliche Umgebungsbebauung sowie die exponierte Lage des Grundstücks an der Isarhangkante mit wertvollem Baumbestand lassen nur eine relativ geringe Bebauungsdichte zu", so Aigner in ihrem Schreiben. Wahlkampfhalber hatte Lorenz die gute Nachricht persönlich in die BA-Sitzung mitgebracht; ihre Wirkung hängt nun aber vom Münchner Kommunalreferat ab.

Baulich und verkehrstechnisch dürften die Nachbarn wenig gegen die moderate Nachverdichtung einzuwenden haben. Ihren mit 7600 Petitions-Unterschriften bekräftigten Wunsch nach einer Kindertagesstätte erfüllt das Projekt aber nicht. Oliver Herweg, Sprecher der Bürgerinitiative, zeigte sich "nur begrenzt begeistert" und forderte den BA auf, die Stadt nun "auf die Harthauser Straße 94 festzunageln". Ein reiner Prüfungsauftrag helfe da nicht weiter. Misstrauisch bleiben die Anwohner, nachdem ihnen der scheidende Kommunalreferent Axel Markwardt im Sommer mitgeteilt hatte, der abgelegene Schilcherweg eigne sich nicht als Kita-Standort, außerdem wolle der Freistaat nicht verkaufen. Letzterem widersprach Lorenz deutlich. Man hätte das Grundstück durchaus abgetreten, allerdings habe die Stadtverwaltung in einem "halbherzigen Brief" fehlendes Interesse durchblicken lassen. Der BA, in Bezug auf das Thema Kita am Schilcherweg zuletzt gespalten, macht nun einstimmig Druck für die Alternative an der Harthauser Straße. Die Stadt soll ihre Absichten demnach bis Ende Oktober verbindlich erklären und gegebenenfalls gleich Mittel ins Mehrjahres-Investitionsprogramm einstellen.

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SZ vom 22.09.2018
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