Süddeutsche Zeitung

Geheimkonzert der Ärzte:Nur ein Schrei nach Liebe

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Der Hype um die "beste Band der Welt" scheint ungebrochen. Bei einem Geheimkonzert in Fürstenfeldbruck geben sich "Die Ärzte" als "Laternen-Joe" aus - und spielen vor 1500 Fans.

Franz Kotteder

Gewundert hätte es einen ja nicht, wenn man beim Ticketkauf auch noch eine Urinprobe hätte abgeben müssen oder ein polizeiliches Führungszeugnis. Denn die Karten für das Konzert von Laternen-Joe im Veranstaltungsforum Fürstenfeldbruck gab es praktisch nur im Internet gegen Vorkasse sowie Angabe der letzten vier Ziffern der Nummer des Personalausweises wahlweise des Führerscheins, und wenn man überdies im Postleitzahlenbereich wohnt, der mit der Nummer "8" beginnt.

Und nur zusammen mit dem Ausweis kam man überhaupt ins Konzert. Trotzdem waren die Tickets binnen weniger Stunden ausverkauft. Das deutet natürlich schon darauf hin, dass die völlig unbekannte Band Laternen-Joe nicht die Band Laternen-Joe ist, sondern eine sehr viel bekannte, die ihren Fans mit einem sogenannten "Geheimkonzert" eine Freude machen will.

In diesem Fall handelte es sich um Die Ärzte, was natürlich in Fankreisen weithin bekannt war. Farin Urlaub, Bela B. und Rodrigo González spielen in acht kleinen deutschen Städten, unter anderem eben auch in Fürstenfeldbruck, vor rund 1500 Fans. Die kamen zum Teil mit liebevoll gebastelten Laternen und sangen im Chor "Rabimmel, rabammel, rabumm", als das Licht im Saale verlosch.

Dann rabammelten nur noch die Ärzte, erst mit ein paar eigens gefertigten Laternen-Joe-Nummern, die mal Mainstream der Bauart Bon Jovi zu parodieren schienen, dann wieder ausgiebig Motörhead zitierten. Es folgte als Nächstes das komplette erste Erfolgsalbum "Debil" aus dem Jahre 1984, mit allen Nummern, in voller Länge.

Spätestens damit hatten sie dann das Publikum gewonnen - anfangs war das alles noch etwas zäh geraten. Was wohl daran lag, dass die Drei tags zuvor in Zwickau einige Buhs geerntet hatten, weil sie "nur" 90 Minuten gespielt hatten. Einen Umstand, auf dem sie leider in Bruck ausgiebig herumritten. Immerhin aber dauerte der Auftritt hier gut zwei Stunden, mit allerhand bewährten Ärzte-Krachern, von "Oma-boy" über "Schrei nach Liebe" zu "Rebell" und "Am Ende meines Körpers".

Es ist halt schon etwas zusammengekommen in bald 30 Jahren Bandgeschichte, und dass die Drei ihren Pop-Punk in bewährter Qualität herunterbrettern, daran würde bei "der besten Band der Welt" ja ohnehin niemand zweifeln. So leuchteten am Schluss aus feuerschutzpolizeilichen Gründen zwar keine Laternen, dafür aber die Gesichter von 1500 Fans.

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Quelle:
SZ vom 21.04.2011
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