Süddeutsche Zeitung

Fußgängerzone:Zehntausendfacher Protest

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Ärzte, Heilpraktiker und Labortechniker sammeln Unterschriften gegen die "Tierversuchshochburg" München

Von Martin Bernstein

Genau 51 208 Unterschriften flatterten am Samstagvormittag in der Fußgängerzone im Sommerwind, fein säuberlich aufgereiht an einer Schnur. Die Neuhauser Straße war freilich nur Zwischenstation der Protestsignaturen. Postalischer Empfänger ist Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU). Für eine persönliche Übergabe habe Spaenle keinen Termin gefunden, kritisieren die Initiatoren von der Münchner Arbeitsgemeinschaft (AG) der "Ärzte gegen Tierversuche".

Mit den in ganz Südbayern gesammelten Unterschriften wenden sich die Aktivisten "gegen drei neue Tierversuchslabore in München für über 100 000 Tiere", wie Heilpraktikerin Christine Gielow von der AG sagt. Als "Ausdruck höchster Ignoranz gegenüber Bürgeranliegen und dem Wunsch nach einer modernen, tierversuchsfreien Forschung zugunsten kranker Menschen" bezeichnete Gielow die Absage des Ministers. Sie spricht von einer "Vertuschungsaktion".

München ist nach Aussage der Ärzte gegen Tierversuche bereits jetzt "eine der größten Tierversuchshochburgen in Deutschland". Aktuell seien drei neue Labore entstanden oder im Entstehen, in Martinsried am Biomedizinschen Zentrum der Ludwig-Maximilians-Universität, am Klinikum rechts der Isar im Forschungszentrum für Translationale Onkologie und am Deutschen Herzzentrum München an der Lothstraße. Der Ärzteverein fordert eine Abkehr von "unethischer und medizinisch irrelevanter tierexperimenteller Forschung auf Kosten des Steuerzahlers hin zu einer tierversuchsfreien Wissenschaft mit Zellkulturen, Organchips und Computersimulationen, welche nachweislich auf den Menschen übertragbare Ergebnisse liefert". In München dürfen mehr als hundert medizinische oder wissenschaftliche Einrichtungen Tierversuche durchführen.

Sieben bis acht Aktivisten protestieren auf Seiten der Tierversuchsgegner mit Mahnwachen wie in der Nacht zum Sonntag vor dem Klinikum rechts der Isar, mit Vorträgen und Infoständen dagegen. Studenten gehören dazu, Ärztinnen wie Rosmarie Lautenbacher, die am Samstag aus Augsburg in die Münchner Fußgängerzone gekommen ist, Heilpraktiker - und sogar ein Labortechniker, sagt Christine Gielow. Was jetzt mit den Unterschriften passiert? "Die stellen wir Spaenle per Post zu", verspricht Gielow.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2016
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