Süddeutsche Zeitung

Wasser im Keller:Appell an den Landrat

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Hochwassergeschädigte in Puchheim-Ort wenden sich an Thomas Karmasin

Von Peter Bierl, Puchheim

Dieses Mal kam das Wasser am Nachmittag. In kürzester Zeit waren die Keller einiger Häuser vollgelaufen. Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren traf unlängst ein Starkregen die Bewohner in der Neufeldstraße in Puchheim-Ort. Helga Kothmayr war nur eine Stunde aus dem Haus gewesen. Als sie zurückkehrte, bemerkte sie die Flut im Untergeschoss. Nebenan stand das Wasser einen Meter tief im Keller, als Gerhard Haimerl am Abend von der Arbeit kam.

Wie schon 2011 stellt sich die Frage, ob es sich um ein Naturereignis handelt oder die Abflüsse vom Parsberg durch den Bau der B-2-Umgehung vor einigen Jahren verändert wurden oder die Entwässerungsgräben schlecht gewartet sind. Die Nachbarn haben sich jedenfalls an die Stadt Puchheim und Landrat Thomas Karmasin (CSU) gewandt und bitten um Hilfe. Man könnte eine Wiese nördlich der Waldstraße als Überflutungsfläche benutzen oder ein Hochwasserbecken anlegen, lauten ihre Vorschläge.

Vor fünf Jahren waren die Fluten am frühen Morgen über die Felder den Hang herunter geflossen. In den Gärten stieg das Wasser bis zu 40 Zentimeter hoch und fand seinen Weg in die Keller. Ein Dutzend Häuser war damals betroffen. Bei den Haimerls drückten die Wassermassen eine eiserne Kellertüre ein, die Öltanks aus Kunststoff wurden aufgeschwemmt, Leitungen verbogen, Waschmaschine, Kleidung, Möbel und Dokumente in wenigen Minuten zerstört.

Gerhard Haimerl hat damals die Terrasse höhergelegt und die Wände des Schachts, in dem die Außentür liegt, höher gemauert. Im Juli diesen Jahres stoppte die Flut knapp an der Unterkante der Terrasse, der Schacht aber lief wieder voll und von dort floss das Wasser in den Keller. Die Schäden sind geringer ausgefallen, schon weil die neuen Tanks aus Edelstahl, die die Familie 2011 einbauen ließ, am Boden stehen blieben. Aber der Brenner stand unter Wasser und die Elektropumpen. Haimerl schätzt den Schaden auf etwa 20 000 Euro. Die Trockner laufen im Keller seit Wochen im Dauerbetrieb, die Wände des Schachts erhöht Haimerl nun ein zweites Mal.

Seit 1999 stehen die Doppelhäuser von Haimerl und Kothmayr an der Neufeldstraße am Fuß des Parsberges und bis 2011 hatte kein Starkregen solche verheerenden Folgen. Das Gefälle verläuft vom Parsberg herunter auf die Häuser zu, unterbrochen durch die B-2-Umgehung, die den Hügel einkerbt, der Untergrund ist lehmig. Von jenseits der Straße läuft das Wasser in einem Rohr unter der B 2 hindurch in einen etwa 200 Meter langen Graben, der weiter bis zur Waldstraße führt. Parallel dazu gibt es in der Neufeldstraße einen Graben. Diese beiden Gräben sind durch einen kleineren Graben miteinander verbunden. Eigentlich müsste das Wasser vom Parsberg über diese Verbindung in den Neufeldgraben abfließen. Stattdessen strömte das Wasser Ende Juli wie schon 2011 über die Wiesen auf die Häuser zu.

Haimerl klagt, dass der Verbindungsgraben nicht richtig gepflegt war. Dieser Graben ist jedenfalls deutlich kleiner und stellenweise ziemlich zugewachsen. Bei dem Graben an der Waldstraße sei ein Rohr verstopft gewesen, so dass das Wasser über die Schotterstraße lief. Und seit dem Bau der B 2 komme wesentlich mehr Wasser auf ihre Seite als früher.

Das Wasserwirtschaftsamt weist jede Schuld von sich. Die Behörde hatte vor fünf Jahren erklärt, dass das Rohr unter der B 2 den Zufluss sogar bremse. Das Entwässerungssystem sei in Ordnung. An dieser Einschätzung habe sich nichts geändert, sagte Martin Stibli vom Wasserwirtschaftsamt der SZ jetzt. Auch Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) glaubt nicht, dass es an der Umgehungsstraße oder der Entwässerung liegt. "Die Gräben sind da und werden durchgängig gepflegt. Das System funktioniert", sagte er. Gras wachse in allen Gräben und dürfe wegen Bodenbrütern nur maximal zweimal im Jahr gemäht werden. Trotzdem würde alles noch einmal überprüft, versicherte er.

Der Puchheimer Bürgermeister glaubt an ein Naturereignis, für das es mehrere Ursachen gibt. Puchheim-Ort liegt wie in einer Mulde am Fuß des Parsbergs, die Böden sind lehmig und die Starkregen nehmen zu. Das wiederum gilt als eine Folge des Klimawandels. Am 26. Juli stand das Wasser unten am Fußballplatz einen dreiviertel Meter hoch, berichtet Seidl. Das sei der tiefste Punkt im Altdorf. Bei einem Gespräch im Rathaus mit den Anwohnern wurde auch über ein Rückhaltebecken oben an der B 2 diskutiert. Möglich wäre es, weil das Gebiet an der Waldstraße seit Februar 2016 als Hochwassergebiet eingestuft ist.

Die Anwohner weisen darauf hin, dass der Freistaat Geld für Maßnahmen zur Verfügung stellt. Der Bürgermeister sagte, dass die Kosten für ein Rückhaltebecken auf die Anwohner umgelegt werden müsste. Haimerl schreckt das nicht: "Lieber einmal 30 000 Euro bezahlen, als alle fünf Jahre Wasser im Keller."

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Quelle:
SZ vom 13.09.2016
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