Süddeutsche Zeitung

Bundespolitik:Unterschiedliche Bilanzen

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Die Bundestagsabgeordneten der Grünen und der CSU aus dem Wahlkreis Fürstenfeldbruck bewerten das erste Regierungsjahr der Ampelkoalition.

Von Erich C. Setzwein

Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und Katrin Staffler (CSU) können sich auch einig sein. Zumindest beim erst kürzlich verabschiedeten Bürgergeld sehen beide jeweils für ihre Parteien Erfolge. Walter-Rosenheimer qua Funktion in der seit einem Jahr regierenden Ampelkoalition und Staffler als Oppositionelle haben dennoch natürlich andere Standpunkte zu den jeweiligen politischen Themen. Das Bürgergeld ist ein solches gemeinsames Thema für Regierung und Opposition, weil da beide am offensichtlichsten sich zunächst gezankt und im schnellen Gesetzgebungsverfahren über den Vermittlungsausschuss einen für beide Seiten annehmbaren Kompromiss gefunden haben. Ansonsten bilanziert Katrin Staffler, dass vieles von dem, was vor einem Jahr von der Ampel vereinbart wurde, zu zögerlich oder gar nicht umgesetzt worden sei.

Als aktuelles Beispiel nennt die CSU-Abgeordnete aus Türkenfeld die Gasumlage, die zu spät komme, um Entlastung zu bringen. Es seien viele Fragen noch offen, insbesondere, ob es auch Entlastungen für die Nutzer von Öl- und Pelletheizungen geben solle. Die Mehrwertsteuer auf alle Energieträger, so Staffler, solle gesenkt werden. Bei den Wirtschaftshilfen habe sich die Regierung verzettelt, sagt Staffler und zitiert Betriebsinhaber in den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck, die sich mit ihren Sorgen und Nöte an sie gewandt hätten. Aus Stafflers Sicht hat die Bundesregierung "den Ernst der Lage immer noch nicht verstanden".

Beate Walter-Rosenheimer sieht das anders. Sie zählt in ihrer Bilanz des vergangenen Jahres auf: Energie-Hilfen in Milliardenhöhe, höherer Mindestlohn, höheres Kindergeld und höherer Kinderzuschlag, attraktiveres Bafög, Bürgergeld, höhere Regelsätze, Rentenerhöhung, Ausweitung des Wohngeldes und ein Kulturpass für junge Menschen, so "bringen wir die Menschen sicher und solidarisch durch die Krise".

Die langjährige Grünen-Abgeordnete ist der Meinung, dass die Regierung, an der ihre Partei, die SPD und die FDP beteiligt sind, "schnelle und pragmatische Antworten auf die akute Krise" gefunden habe. Die neue Regierung sei, anders als die vorherige, "im Krisenmodus" gestartet. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die dadurch verursachte Energiekrise begegnet die Ampelkoalition mit Maßnahmen, die Deutschland energiepolitisch widerstandsfähig machten. Beate Walter-Rosenheimer geht in diesem Zusammenhang nicht auf die Rolle Deutschlands in dem Konflikt ein. Katrin Staffler hingegen macht der Regierung den Vorwurf, zu Beginn des Krieges zögerlich gewesen zu sein und später bei der zugesagten Unterstützung mit Waffensystemen und Munition kein gutes Bild abgegeben zu haben. "Von der Zeitenwende, die Olaf Scholz im Frühjahr angekündigt hatte, ist nicht mehr viel übriggeblieben."

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