Süddeutsche Zeitung

Umweltverschmutzung:Schrott und Altöl in der Landschaft

Lesezeit: 3 min

Unternehmer im Fürstenfeldbrucker Gewerbegebiet Hasenheide kämpfen seit Jahren gegen die Vermüllung am Rande einer Zufahrtsstraße. Beschwerden bei den Behörden haben bislang nicht viel Wirkung gezeigt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Haufenweise liegen Altreifen an der Böschung, nicht weit entfernt ein alter Kühlschrank sowie Ölbehälter. Und am Rand der Fahrbahn rosten abgemeldete Schrottautos vor sich hin: Die Straße Am Kugelfang, die am Brucker Wertstoffhof vorbeiführt, ist in den Augen vieler Anlieger ein Schandfleck. Unternehmer des Gewerbegebiets Hasenheide wollen die Zustände nicht länger hinnehmen. Sie beschweren sich schon seit Jahren bei den Behörden. Nur kurzzeitig sei es besser geworden, heißt es. Ganz einfach sei es für Stadt und Landkreis nicht, die Vermüllung in den Griff zu bekommen, räumt Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) ein.

Thematisiert wurde die anhaltende Umweltverschmutzung bereits am Rande einer vom Umweltbeirat organisierten Fahrradtour im Sommer und später in der gemeinsamen Sitzung des Stadtjugendrats mit dem Umweltbeirat. Karl-Heinz Jansen, der gemeinsam mit seiner Frau Margit ein in der Hasenheide ansässiges Unternehmen leitet, das Umweltanalyse-Geräte entwickelt, wird jeden Tag mit der Situation konfrontiert. Er gehört dem Umweltbeirat an. Mit Hunderten Fotos haben die Jansens, die zahlreiche weitere Geschäftsleute hinter sich wissen, die untragbare Situation dokumentiert. Zu sehen sind Autoreifen, Paletten, Hausmüll, Ölkanister, Farbreste, Verpackungen des nahegelegenen Fast-Food-Restaurants. Mancher Lastwagenfahrer nutzt Böschung und Grünflächen zudem als Toilette. Der Kugelfang, der weder über eine Beleuchtung noch über Rad- oder Gehweg verfügt, habe sich als "Müllhalde" und "rechtsfreier Raum" etabliert. Ohne schärfere "Kontrolle, Recherche, Strafe wird es wohl nie funktionieren", so das ernüchternde Resümee der Jansens. Eine Gefahr fürs Grundwasser durch die teils undefinierbaren Hinterlassenschaften wollen sie nicht ausschließen.

Allein 2014 bis 2016 meldeten sie der Stadt 20 Fälle. Meist hieß es sinngemäß: "Wir kümmern uns, können aber nicht viel machen." Im Juli platzte sieben Unternehmern der Kragen. Sie schrieben einen offenen Brief an Raff, in dem sie sich Luft machten über Verkehrsanbindung, bauliche Auflagen, langsames Internet - und eben über die Vermüllung. Ralf Binder, der den Bau von Lastwagenparkplätzen anregt, schreibt: "Die Zustände am Kugelfang südlich der Fraunhoferstraße sind eine Zumutung!" Die CSU signalisierte jüngst Unterstützung. Laut Ortsverbandschef Andreas Lohde ist die Stadt zwar schon aktiv geworden. Gleichwohl müsse sie "entschiedener vorgehen". "Die Straße ist für uns keine gute Visitenkarte", meint auch Stadtrat Albert Bosch (CSU). Als Sofortmaßnahme schlägt die CSU vor, den rechten Fahrbahnrand in Fahrtrichtung Maisach zum Fahrradweg umzubauen. Langfristig müsse "die Straße einem Gewerbegebiet entsprechend hergestellt und saniert werden".

Der Bauhof habe sich der Sache angenommen, erklärt OB Raff auf Anfrage der SZ. Das alles sei "eine verzwickte Geschichte". Es gebe Pläne, die vor Kurzem von der stadteigenen Vermarktungsgesellschaft Industha übernommene Straße formal zu widmen. Dann könnte für bestimmte Abschnitte beispielsweise auch ein Halteverbot erlassen werden. Natürlich könnte man die abgemeldeten Autos, die bereits vier Wochen mit dem sogenannten Roten Punkt markiert sind, abschleppen lassen - auch wenn dabei das Risiko besteht, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Würde aber nicht gerade dies einen Anreiz schaffen, gibt Raff zu bedenken, sein Schrottauto dort abzustellen - im Bewusstsein, dass sich schon jemand um die Entsorgung kümmern wird?

Stadt und Landkreis, die in solchen Fällen zusammenarbeiten, versuchen einer Mitteilung der Stadtverwaltung zufolge zunächst, den Halter eines abgemeldeten Fahrzeugs zu ermitteln. Gelingt dies, dann hat der Halter zwei Wochen Zeit, das Fahrzeug von öffentlichem Grund zu entfernen. Lässt er die Frist verstreichen, wird ein Zwangsgeld verhängt und es gibt zwei Wochen Nachfrist. Folgt keine Reaktion, kann das Auto auf Kosten des letzten Halters abgeschleppt werden.

Weil das Gewerbegebiet innerhalb des Stadtgebiets liegt, kann das für Abfallablagerungen zuständige Landratsamt noch einen weiteren Personenkreis in die Pflicht nehmen. Gelingt es nicht, den Verschmutzer zu ertappen oder zu ermitteln, dann bleibt der Schwarze Peter in solchen Fällen beim Grundstücksbesitzer. Reagiert auch der nicht, kann die Behörde den Müll beseitigen lassen und ihm das in Rechnung stellen. Auf die Grundeigentümer wurde nach Auskunft des Landratsamts "eingewirkt, die Beseitigung der unerlaubt abgestellten Fahrzeuge zu veranlassen". Das Landratsamt sei bemüht, "gegen den jeweiligen Verantwortlichen ein Beseitigungs- und Bußgeldverfahren" einzuleiten.

Für Verschmutzer kann es teuer werden: Zur Anwendung kommt der Bußgeldkatalog "Umweltschutz". Für Autowracks und Ähnliches sieht der bei sofortiger Beseitigung 160 bis 320 Euro vor, ansonsten 500 bis 2000 Euro. Den Unternehmern des Gewerbegebiets Hasenheide und Besuchern des Wertstoffhofs bleibt die vage Hoffnung, dass sich Schmutzfinken von dieser Botschaft und möglicherweise strengeren Kontrollen abschrecken lassen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4708452
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.12.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.