Süddeutsche Zeitung

Umweltfreundliche Verkehrsmittel:Schlechte Noten für Radwege

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Beim Ranking des ADFC schneiden Landkreis-Kommunen nur mäßig ab. Viele Umfrageteilnehmer fühlen sich unsicher und von Autos bedroht. Für separate Spuren fehlen oft Platz und Geld

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Beim Fahrradklima-Ranking des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) haben Landkreis-Kommunen mittelmäßig abgeschnitten. Gerundet wie in der Schule ergab sich jeweils die Gesamtnote 4 für Bruck, Germering, Gröbenzell, Olching und Puchheim. "Das ist kein Ruhmesblatt, aber nicht verwunderlich. Es wird zwar über den Radverkehr geredet und Konzepte erarbeitet, aber es passiert zu wenig", sagte Adi Stumper, Mitglied im ADFC-Kreisvorstand.

Das Fahrradklima-Ranking veranstaltet der ADFC seit 1988. Bundesweit wurden in diesem Jahr etwa 170 000 Menschen befragt. In das Ranking aufgenommen werden nur Kommunen ab mindestens 50 Teilnehmern. Die Gesamtnote setzt sich aus Einzelnoten zusammen. So lobten die Teilnehmer in Bruck zwar den Winterdienst, insgesamt kam die Kreisstadt aber nur auf Note 3,99 und belegte den 184. Platz in der Kategorie bis 50 000 Einwohner, weil Radwege als zu schmal und Ampelschaltungen als mangelhaft bewertet wurden.

Ein Ergebnis ist, dass sich die Radler nicht sicher fühlen und mit Autos in Konflikt kommen. Diese Teilnoten sind durchgehend schlechter als die Gesamtnoten. Dass der Landkreis ein hervorragendes Bussystem hat, aber man keine Räder mitnehmen darf, schlug überall negativ zu Buche, ebenso, dass es keine öffentlichen Fahrräder gibt. So kommt Puchheim auf die Gesamtnote 3,9 (Platz 163), wobei die Teilnehmer etwa die Erreichbarkeit des Stadtzentrums mit 2,6 bewerteten. Germering belegt mit 3,79 den 120. Platz, Olching kam mit 4,19 auf Rang 244 von 311 Kommunen. In der Gruppe bis zu 20 000 Einwohnern schaffte es Gröbenzell mit der Landkreis-Bestnote 3,53 auf den 47. Platz.

Der Zweite Bürgermeister von Gröbenzell, Martin Runge (Grüne), nimmt es als Anregung und betont, dass der ganze Gemeinderat bereit sei, mehr zu tun. Die Fahrradbeauftragte der Stadt Fürstenfeldbruck wies darauf hin, dass das Ergebnis nicht repräsentativ sei. Die Teilnehmerzahl reicht von 52 (Puchheim) bis 157 (Germering). Selbst wollte Claudia Gessner allerdings keine Note erteilen: "Wir sind bemüht, aber es geht zäh voran," räumt sie ein. Gessner verwies darauf, dass oft schlicht der Platz fehlt, den man den Autos wegnehmen müsste.

Ähnlich argumentiert Sonja Weyland von der Stabsstelle für Wirtschaftsförderung und Infrastruktur im Olchinger Rathaus: "Die Hauptstraße ist nicht so breit, da noch Fahrradstreifen zu markieren, ist fast gefährlich". Dazu müssen unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden, sagt Thomas Wieser, Leiter des Umweltamts in Germering. Bordsteine absenken, wie der ADFC fordert, klinge einfach, aber Sehbehinderte favorisierten eine Differenz von drei Zentimeter, Radler und Rollstuhlfahrer dagegen null Abstand.

Der Olchinger Stadtrat befasst sich am Mittwoch mit einer Fahrradstraße, in der Radler bevorrechtigt sind. Sie soll von der Schwojerstraße im Süden durch Wohngebiete bis zum Grünen Anger im Schwaigfeld führen. In Gröbenzell gibt es bereits fünf solcher Straßen, auch in Germering zieht man eine weitere in Betracht, während der Brucker Verkehrsreferent Markus Pötzsch (SPD) davon nichts hält. "Der Verkehrsmix ändert sich dadurch nicht. Es entsteht ein falsches Gefühl von Sicherheit, dabei ist fraglich, ob die Autofahrer überhaupt den Unterschied merken."

Am sichersten findet Pötzsch eigene Radwege, aber aus Geldmangel gehe nichts voran. So würde ein neuer Radweg an der Oskar-von-Miller- und Fürstenfelder Straße wegen Entwässerung und Höhenunterschieden teuer. In der Augsburger und der Münchner Straße bremse das Straßenbauamt, weil es sich um eine Bundesstraße handelt. Runge wiederum hält nichts von separaten Radwegen innerorts: Die Radler würden in Sicherheit gewogen, dabei seien Ausfahrten, Einmündungen und Parkplätze Gefahrenstellen. "Die Leute haben einfach Angst vor viel befahrenen Straßen, das sind nicht alles Kampffahrer und Fahrradkuriere", sagt der Germeringer ADFC-Sprecher Michael Sigmund.

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SZ vom 10.04.2019
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