Süddeutsche Zeitung

Theater:Jonglieren mit Staubsaugerkabeln und Worten

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Bei der Premiere von "Job-Suey - Kein Dinner für Sünder" glänzt Cecilia Gagliardi in der Rolle als italienische Putzfrau. Ansonsten fehlt es der Komödie über einen jungen Finanzspezialisten stellenweise an Power

Von Karl-Wilhelm Götte

Als Rosalia (Cecilia Gagliardi) im Putzfrauen-Outfit und mit markigen italienischen Vokabeln die Bühne betritt, kommt im Germeringer Roßstall-Theater bei der Premiere der Komödie "Job-Suey - Kein Dinner für Sünder" Stimmung auf. Zuvor sind die Dialoge zwischen Mark Stein (Julian Brodacz) und Julia Forster (Lisa Bales) eher dahin geplätschert. Nicht ganz. Denn als Mark seiner Freundin einen verunglückten Heiratsantrag macht, packt Julia wütend ihre Sachen. Das bringt den professionellen Geldanleger in die Bredouille, braucht er doch für den Abend unbedingt eine Ehefrau. Dafür ist die viel ältere Putzfrau Rosalia eigentlich ungeeignet, aber mangels weiblicher Alternativen bekommt sie gegen einen Obolus den Ehefrauenjob, auch weil sie "genügend spießiges Geschwätz auf Lager hat", wie sie sagt.

Der junge Finanzspezialist Mark ist erfolgreich, weiß allerdings nicht einmal, wie man ein Besteck auflegt und ist somit auf seine "Perle" Rosalia angewiesen. Für sonstige männliche Bedürfnisse hat er Freundin Julia, die gerne mit ihm verheiratet wäre. Doch Mark denkt nicht im Traum an Heirat. Nun aber naht sein Chef Bill Kramp (Oliver Kübrich). Der Boss aus Amerika spricht astrein-akzentfreies Deutsch. Als Moralist und Puritaner kontrolliert er die Lebens- und Liebesgewohnheiten seiner Untergebenen. "Wilde Ehe" wird mit Versetzung nach Afghanistan geahndet. Die Komödie des englischen Autors Edward Taylor, Jahrgang 1931, ist von London nach München verlegt worden. Die Putzfrau Edna wird zur Italienerin Rosalia Corleone und damit der gebürtigen Römerin Cecilia Gagliardi auf den Leib geschrieben. Der mehrfache Szenenapplaus für sie ist allzu berechtigt. Ein kluger Schachzug der Regie von Oliver Kübrich, denn das Originalstück ist nicht mit Situationskomik und Wortwitz gesegnet.

Als später Freundin Julia und Marks Sekretärin Kathy doch noch Gattin spielen, nimmt das Versteck- und Verwirrspiel seinen Lauf. Immer wenn die Bühne frei sein muss für textreiche Rettungspläne, schickt der Autor Bill Kramp samt Gattin Virginia ins Nebenzimmer an den PC zur Börsenbeobachtung. Hier zeigen sich die dramaturgischen Schwächen des Stücks, kräftigere Kürzungen hätten hier gutgetan. Julian Brodacz schafft es, dass der Jungmanager Mark trotz charakterlicher Mängel noch sympathisch rüberkommt. Die Figuren seiner Verlobten Julia und der Sekretärin Kathy (Sarah Müller) sind auch für das Genre Komödie wenig zeitgemäß. Das macht es den Darstellerinnen schwer, authentisch Charme und Witz zu versprühen und treibt sie stimmlich in Kleinmädchenhöhen. US-Glitzer-Gattin Virginia (Corinna Quaas) überfrachtet, wohl im Bestreben, die magere Rolle aufzuwerten, die Plaudertexte mit Überbetonungen und zu vielen Pausen. Oliver Kübrich bringt die richtige Chef-Statur mit und übersteht seine Demontage würdig.

Die "glückliche Wende" am Schluss der Komödie kommt überraschend, stößt aber an die Grenzen des Genres. Egal, Hauptsache, der in Bedrängnis geratene Protagonist kann weiter Karriere machen und alle bekommen friedlich vereint noch etwas zu futtern. Nicht den Gemüseeintopf, den Rosalia im Dampfkochtopf explodieren lässt, sondern was Leckeres "To Go" vom Chinesen.

Und so zeigt sich das Premierenpublikum, etwas geschlaucht durch den überlangen zweiten Teil, erleichtert, dass alles gut ausgegangen ist. Vielleicht hat auch der bigotte Boss ein wenig dazugelernt. Cecilia Gagliardi trägt das Stück; sie spielt auch mit dem Publikum. Sie jongliert als Rosalia mit Staubsaugerkabeln, wirbelt mit Börsenideen und gibt zum Vergnügen der Zuschauer dem Affen ordentlich italienischen Zucker mit Chili. Und eine Prise Chili ist es, was dieses Treiben in den hübschen Kulissen von Nina von Schimmelmann und Peter Wimmer unbedingt braucht.

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Quelle:
SZ vom 07.10.2019
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