Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Bodenschätze, Folge 17:Römisches Tafelgeschirr

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Die sogenannte Terra sigillata zeugt von den Anfängen der Massenproduktion. Ein Fragment aus Oberdorf lässt sich sogar einer Werkstatt zuordnen

Von Florian J. Haamann, Mittelstetten

Überall im Brucker Land sind unter der Erde Schätze verborgen, die viel über die Entwicklung des Landkreises und der menschlichen Zivilisation erzählen. Mit seiner weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannten archäologischen Abteilung schafft es der Historische Verein, dass diese Schätze geborgen, erforscht und erhalten werden. In einer Ausstellung präsentiert der Verein nun in jeder Kommune mindestens ein für den Ort bedeutendes Fundstück. In einer SZ-Serie werden alle Stücke vorgestellt.

Mit dem Alpenfeldzug von Drusus und Tiberius beginnt im Jahr 15 vor Christus auch im Landkreis die Römerzeit. An der wichtigen Verbindung zwischen Augusta Vindelicum (Augsburg) und Iuvavum (Salzburg) gelegen, blüht der Landkreis in dieser Zeit auf. Heute wird die Verbindungsstraße als Via Julia bezeichnet, Landsberied, Jesenwang und Purk lagen direkt auf der Strecke. Bei Schöngeising führte die Straße über die Amper.

Mit den Römern kam auch die Terra sigillata in den Landkreis: Keramikgeschirr, das vor allem für seinen markanten Rottons berühmt ist. Es gab eine große Vielfalt an Schüsseln, Tellern, Bechern und Krügen bis hin zu Sonderformen wie Feldflaschen. Als Tafelgeschirr war die Terra sigillata im ganzen Römischen Reich beliebt. Außerhalb der Grenzen war sie als Handelsgut gefragt. Die Gefäße waren oft mit Dekor verziert, beliebt waren Pflanzen- und Tiermotive, später auch Darstellungen von Menschen. Dekorierte Gefäße waren natürlich teurer und deshalb auch Ausdruck des Wohlstandes des Besitzers. Von den Verzierungen hat die Terra sigillata auch ihren Namen. Übersetzt heißt der lateinische Ausdruck "mit kleinen Figuren verzierte Erde".

Bei den in Mittelstetten ausgestellten Terra-sigillata-Fragmenten handelt es sich um Lesefunde von einem Acker bei Oberdorf. Dort befand sich in römischer Zeit ein Gutshof, eine sogenannte Villa rustica. Eine Besonderheit bildet ein Bodenfragment mit der eingestempelten, abgekürzten Inschrift "O Frontni". Das "O" steht für "Officina" - Werkstatt. Die Inschrift besagt also, dass das Gefäß aus der Werkstatt des Frontinus stammt. Bekannt ist, dass diese Töpferei von etwa 75 bis 120 nach Christus in Südgallien existierte. Von dort aus exportierte Frontinus seine Waren bis nach Britannien - und offensichtlich auch in den Landkreis.

Von Norditalien aus verlagerten sich im ersten Jahrhundert nach Christus die wichtigen Töpferzentren des Reiches nach Gallien. Es entstanden richtige Großbetriebe, die, um den Bedarf zu decken, Filialen in anderen Provinzen gründeten. So gab es in Bayern mehrere regionale Manufakturen, etwa bei Rosenheim und Schwabmünchen. Eines der großen Zentren ist aus La Graufesenque in Südfrankreich bekannt. Die Forscher schätzen, dass dort pro Jahr bis zu eineinhalb Millionen Gefäße produziert werden konnten. Trotz dieser frühen Massenproduktion waren die Gefäße von hoher Qualität. Sie zeugen damit von den technischen Fertigkeiten der römischen Töpfer.

Der ungewöhnliche rote Farbton ist nicht aufgemalt oder durch Glasur entstanden, sondern das Ergebnis eines Feintonüberzuges in Verbindung mit einer speziellen Brenntechnik. Die genaue Herstellungsweise ist heute allerdings nicht mehr bekannt.

Ausstellung "Bodenschätze" des Historischen Vereins, bis 27. September. Die Terra-sigillata-Scherben sind zu sehen im Kulturstadl Mittelstetten, Mehlbachstraße 1. Geöffnet täglich von 10 bis 16 Uhr. Alle Ausstellungsorte finden sich im Internet unter www.historischer-verein-ffb.de. Erschienen ist zudem ein lesenswerter Katalog.

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Quelle:
SZ vom 14.08.2019
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