Süddeutsche Zeitung

SZ-Adventskalender:Insel für Obdachlose

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Das Kap und speziell seine Teestube bieten Menschen ohne Wohnung eine Anlaufstelle. Sie können sich dort aufwärmen, duschen - und fachlich beraten lassen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Mieterhöhung, Jobverlust, Trennung und Eigenbedarfsklagen sind die häufigsten Gründe für Wohnungsverlust. Findet man dann nicht schnell genug Ersatz - bei der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt nichts Ungewöhnliches - dann bietet das Kap, die Obdachlosenunterkunft der Caritas in der Hasenheide für sieben Tage im Monat eine Möglichkeit zum Übernachten an. In der angegliederten, von Ehrenamtlichen geführten Teestube im früheren Hotel Hasenheide kann jeder vorbeikommen. Dort kann man sich nicht nur aufwärmen und andere Menschen treffen. Wenn die Teestube offen hat, gibt es dort auch die Möglichkeit zu duschen, gebrauchte Kleidung zu bekommen sowie Wäsche zu waschen und zu trocknen.

Da die Ehrenamtlichen nur eine kleine, über Spenden finanzierte Aufwandsentschädigung erhalten, die bald aufgebraucht ist, wünschen sich die Mitarbeiter der Caritas um Heinrich Baumann, dem Fachdienstleiter für soziale Dienste, zu der auch das Kap gehört, vom Adventskalender der Süddeutschen Zeitung etwas Geld, damit sie auch im kommenden Jahr einen Ehrenamtlichen für sein Engagement in der Teestube entschädigen können. "Wenn wir niemanden haben, muss das leider ausfallen", betont Baumann. Das wäre nicht nur für alle Besucher ein großer Verlust, da dann einfach eine Anlaufstelle für diejenigen wegbricht, die ohnehin schon am Rande der Gesellschaft stehen, wie er erläutert. Nein, die Teestube im Kap bedeutet auch für die Ehrenamtlichen selbst, die dort eine sinnvolle Aufgabe finden, weit mehr als lediglich eine Möglichkeit, sich sozial zu engagieren.

Wie Baumanns Kollegin Barbara Roth erläutert, ist es auch für die Ehrenamtlichen von großer Bedeutung und unschätzbarem Wert, in der Teestube gebraucht zu werden. Viele, die sich dort engagieren würden, seien auf dem normalen Arbeitsmarkt nicht mehr zu integrieren. Die Gründe sind vielfältig: Es können gesundheitliche oder psychische Probleme sein oder schlicht eine schon sehr lange dauernde Phase der Arbeitslosigkeit. Mit der Tätigkeit in der Teestube des Kap erhalten die Ehrenamtlichen nicht nur eine Aufgabe und regelmäßig Kontakt zu anderen Menschen. Automatisch strukturiert das Ehrenamt auch ihren Tagesablauf.

Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten also: Die Teestube ist als Treffpunkt eine feste Größe für die Besucher wie für die Ehrenamtlichen gleichermaßen. Und die Caritas-Mitarbeiter - in Baumanns Team arbeiten vier Sozialpädagogen auf 2,98 Vollzeitstellen - sind froh, wenn sie die Ehrenamtlichen über die Teestube etwas stärker einbinden können. Umso wichtiger wäre es für diese Ehrenamtlichen, etwas Sicherheit zu haben, zu wissen, dass sie auch in vier Monaten noch dort arbeiten können. Derzeit ist das Roth zufolge nicht der Fall. Bis vor Kurzem drohte die Schließung zum Jahresende, da die aus Spenden finanzierte Aufwandspauschale (155 Euro, von denen 55 für die Fahrkarte sind) ausgegeben war. Nun kam eine weitere Spende, 300 Euro, jetzt ist der Betrieb bis März gesichert. Eine Spende des SZ-Adventskalenders gäbe mehr Sicherheit.

Allerdings hat das ehemalige Hotel Hasenheide noch mehr zu bieten als "nur" die Teestube: Es gibt die Sozialpädagogen, die fachlich beraten. Und es gibt acht Schlafplätze plus Notbetten in fünf Zimmern. Bettenvergabe ist von 18 bis 21 Uhr, morgens um 8 Uhr müssen alle wieder auf die Straße. Pro Monat können Obdachlose dort sieben Nächte überbrücken. Montag bis Freitag von 13 bis 18 Uhr sowie mittwochs, freitags und sonntags vormittags hat die Teestube geöffnet. Die meisten Gäste kämen aus dem Landkreis, einige aus der Region, berichten Baumann und Roth. Doch Anfragen gibt es immer wieder auch aus ganz Deutschland. 2018 zählte das Kap insgesamt 2069 Übernachtungen, 2009 - da war das Kap noch im Stadtzentrum in der ihm den Namen gebenden Kapuzinerstraße - waren es 1997. Wie Baumann unterstreicht, hat das Kap im Erdgeschoss ein ganz anderes Konzept als die Obdachlosenunterkünfte der Stadt Fürstenfeldbruck im ersten Stock.

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Quelle:
SZ vom 07.12.2019
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