Süddeutsche Zeitung

SPD:Der Herausforderer

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Michael Schrodi kämpft dafür, als erster Sozialdemokrat das Direktmandat zu gewinnen

Von Florian J. Haamann, Olching

Der Fußball ist ein Kosmos, in dem sich der Sozialdemokrat Michael Schrodi gerne bewegt. Sei es als leidenschaftlicher Löwenfan, früher als Spieler beim damaligen Viertligisten FC Ismaning, heute beim FC Bundestag. Wenig verwunderlich also, dass er auch in seiner Rhetorik gerne Mal auf Bolzplatz-Vokabular zurückgreift. "Wir spielen auch bei den Erststimmen auf Sieg", erklärt er voller Selbstbewusstsein mit Blick auf den Kampf um das Direktmandat im Wahlkreis Dachau-Fürstenfeldbruck. Natürlich weiß auch der 44-Jährige, dass seine Chancen trotz der Schwäche der Union ähnlich stehen, wie die der Löwen in einem Spiel gegen die Bayern - und trotzdem ist die Ausgangslage für Schrodi womöglich so gut, wie schon lange nicht mehr für einen SPDler, in einem Wahlkreis, der seit Bestehen der Bundesrepublik stets an die CSU gegangen ist. Der Bundestrend jedenfalls spielt ihm aktuell in die Karten.

"Das Direktmandat ist in greifbare Nähe gerückt. Anders als bei den vergangenen Wahlen tritt diesmal ein amtierender SPD-Bundestagsabgeordneter wieder an. Ich glaube, ich habe in den vier Jahren gezeigt, wie viel ich erreichen kann und was ich auch für den Wahlkreis rausgeholt habe", sagt Schrodi und nennt zwei Beispiele: Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen in beiden Landkreisen, Kompensationen für die Kommunen bei den Gewerbesteuerausfällen durch die Pandemie. Beides habe er als Mitglied des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und des Finanzausschusses durchsetzen können.

Überhaupt sei es eine der wichtigsten Erkenntnisse seiner ersten Amtszeit, dass man auch als neuer Abgeordneter im großen Bundestag schnell viel erreichen und bewirken könne. So habe er bei den Verhandlungen für das Konjunkturpaket zwei eigene Ideen eingebracht, die dann auch im Gesetz gelandet sind: den Kinderbonus und die Mehrwertsteuersenkungen.

Wenn man mit dem zweifachen Vater und ehemaligen Lehrer am Brucker Viscardi-Gymnasium über seine Arbeit als Parlamentarier spricht, die Erfahrungen in den vergangenen vier Jahren, dann bricht die Schale des routinierten Parteipolitikers auf, der souverän Positionen aufzählen, wenig Angriffsfläche bieten und die Arbeit seiner Fraktion ins beste Licht rücken kann. Zum Vorschein kommt dann einer, der seine Aufgabe absolut ernst nimmt, Respekt vor der Dimension des Bundestagsmandats hat und sich mit Neugier und Fleiß an die Arbeit macht. Etwa, wenn er von der Nacht vor seiner ersten Rede im Parlament erzählt. "Ich weiß nicht, ob ich mehr als zwei Stunden geschlafen habe. Ich war so nervös, bin alles noch mal durchgegangen, habe umgeschrieben. Ich bin mit großer Demut an diese Aufgabe rangegangen. Ich bin einer von 709 Abgeordneten für 83 Millionen Menschen. Einer, der Volksvertreter sein darf. Das ist ein großes Privileg und eine große Aufgabe."

Auch wenn es mit dem Direktmandat nicht klappen sollte, hat Schrodi, der auch im Kreistag sitzt, mit Platz 13 auf der Landesliste gute Chancen für eine zweite Amtszeit in den Bundestag einzuziehen. Und natürlich würde er auch gerne wieder Teil einer Regierung sein. Auf eine Wunschkoalition möchte er sich nicht festlegen lassen. "Wichtig ist, dass die SPD die Regierung führt. Und dann schauen wir, mit wem es die größten Überschneidungen gibt und mit wem wir die großen Zukunftsfragen angehen können". Welche drei Punkte ihm persönlich dabei am wichtigsten sind? Mittlere und untere Einkommen entlasten und die oberen fünf Prozent der Einkommen stärker heranziehen, ein Wohnungsbauprogramm mit 400 000 neuen Wohnungen und das bereits auf den Weg gebrachte Klimaprogramm verbessern. "Bei diesen wichtigen Punkten müssen wir das nachjustieren, was mit der Union nicht möglich war", sagt Schrodi, der den legendären Herbert Wehner als eines seiner Vorbilder nennt. Ganz dessen Format hat Schrodi freilich noch nicht erreicht, aber zumindest zeigt er eine gewisse Angriffslust.

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SZ vom 03.09.2021
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