Süddeutsche Zeitung

Serie ´Die Seele des Vereins`:Sänger aus Leidenschaft

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Johann Holzmüller hat fast sein ganzes Leben in Chören verbracht. Beim MGV Mammendorf hat er sich auch in vielen anderen Funktionen verdient gemacht

Von Manfred Amann, Mammendorf

Wenn man den Garten der Familie Holzmüller in Mammendorf betritt, wird man eingefangen von einer abwechslungsreichen Kulisse aus Bäumen, Sträuchern und Blumen. Man spürt förmlich die glückliche Hand, die hinter all den Blättern, Blüten und Düften steht und die in sorgsam gepflegten Beeten frisches Gemüse und Salate zaubert. Das "Garteln" ist ein Hobby von Johann Holzmüller, das er zeitlebens als Ausgleich zu seinem Beruf als Kfz-Handwerker pflegte und das ihn auch heute noch begeistert. "Tagsüber aufheulende Motoren, der Geruch von Benzin, Öl und Abgasen - der Garten bot da echte Erholung", erklärt der 75-jährige Ruheständler.

Nach der Lehre arbeitete er erst zwölf Jahre in einer Autowerkstatt, um dann 32 Jahre lang beim TÜV in Fürstenfeldbruck Fahrzeuge hinsichtlich Verkehrssicherheit zu checken. Der Garten ist für Holzmüller "ein Teil des Lebens", ebenso wie seine "Lebensleidenschaft schlechthin", das Singen im Chor. Seit 52 Jahren ist Holzmüller mit seiner Bassstimme eine Stütze des Männergesangvereins Mammendorf und des örtlichen Kirchenchores. Beim Singen allein ist es aber nie geblieben, er kümmerte sich quasi um alles, damit es im Verein und vor allem bei öffentlichen Auftritten bestens lief. Wie Ehefrau Heidi anmerkt, mussten selbst private Angelegenheiten des öfteren zurückstehen, wenn Auftritte oder Konzerte vorzubereiten waren, "sogar den Urlaub haben wir mal verschoben".

Dabei sah es zu Holzmüllers Schulzeit gar nicht so aus, als sollte ihm seine Stimme einmal ein wenig zum Lebensglück verhelfen. "Ich hatte damals für mein Alter eine zu tiefe Stimme und daher im Singen meist schlechte Noten", erinnert sich der leidenschaftliche Chorsänger, der in Moorenweis zur Welt kam und dort auch aufgewachsen ist. Doch schon in jungen Jahren entdeckte er sein Gesangstalent und es zog ihn zur Liedertafel Moorenweis, der er auch noch kurze Zeit treu blieb, nachdem er 1964 geheiratet hatte und nach Mammendorf umgezogen war. Ein Jahr später schloss er sich dann dem Mammendorfer Männergesangverein an, also vor 52 Jahren. Im gleichen Jahr ließ er sich auch für den Mammendorfer Kirchenchor anwerben, in dem er auch heute noch singt.

Es war eine bewegte Zeit für den Basssänger. Zwei Mal je zwei Vierjahresperioden hintereinander, von 1980 und von 2006 an, war Holzmüller zweiter Vorsitzender des MGV Mammendorf und über Jahrzehnte im Vereinsausschuss aktiv. "Es gab immer was zu tun, besonders wenn wir uns auf Konzerte vorbereiteten", erinnert er sich. Das Herrichten der Bühne sei immer seine Aufgabe gewesen, aber auch sonst habe es immer wieder geheißen, "Machst du das? Und er hat es gemacht", erinnert sich Ehefrau Heidi, die ihren Mann all die Jahre unterstützte und ein Zeit lang auch im Chor sang, nachdem Sohn Thomas aus dem Gröbsten raus war. Nachdem im April 2001 überraschend Xaver Hartl verstorben war, der den MGV 36 Jahre lang musikalisch geleitet hatte, übernahm Holzmüller vorübergehend kommissarisch auch den Vereinsvorsitz, "denn es musste ja weitergehen". Vor zwei Jahren aber hat er alle Funktionen abgelegt, "jetzt bin ich nur noch aktiver Sänger und kann mich noch mehr meinen Enkeln widmen".

Bei den Feierlichkeiten im vergangenen Jahr anlässlich der Gründung des Männergesangvereins vor 135 Jahren wurde Holzmüller zum Ehrenmitglied ernannt. Wie auch seine Frau Heidi, erinnert er sich gerne an die Zeit mit Xaver Hartl. Da der Chorleiter auch in der Kapelle "Harmonie" mitgespielt habe, aus der später die bekannte Band "Swingers" hervorging, habe es viele gemeinsame Auftritte gegeben. Geselligkeit habe damals ganz oben gestanden, mit dem Xaver habe man die schönsten Chorerlebnisse gehabt, erinnern sich die Holzmüllers. Besondere Erlebnisse waren auch die Teilnahmen an Kreissingen und die Auftritte bei Festivitäten in Mammendorf. Unvergesslich für Holzmüller ist, dass das 100-jährige Bestehen des MGV, das zeitgleich mit dem 70-jährigen Gründungsfest des Burschenvereins gefeiert wurde, Anlass für das erste Mammendorfer Volksfest im Mai 1981 war. "Da war Wochen lang was zu tun, und Singen sollten wir ja auch noch", blickt er zurück. Ein weiteres arbeitsintensives Großereignis war dann die Teilnahme an der 1250-Jahr-Feier der Gemeinde. Beim großen Festzug stellte der MGV das Initial-Thema der Feierlichkeiten dar, die Schenkung des "David von Mammindorf" an die Kirche in Puch 758 im Jahre 758, in prächtigen Gewändern auf einem Kuhgespann.

Sorgen macht sich Johann Holzmüller um den Sängernachwuchs, denn "es gibt kaum junge Sänger, die bereit sind, Freizeit für Proben und Auftritte zu opfern". Dabei habe sich der MGV durchaus entwickelt, seit Marina Osipova ein Jahr nach Xaver Hartls Tod als Chorleiterin gewonnen werden konnte. Die engagierte und diplomierte Chordirigentin habe neues, anspruchsvolles Liedgut eingeführt, wodurch der Chor an Ansehen gewonnen habe. Noch in den Neunzigerjahren haben man mit Schwerpunkt Volkslieder und Schlager gesungen, heute würden eher klassische Balladen, anspruchsvolle Kunstlieder, Volkslieder in neuem Gewand, moderne Popsongs und beliebte Evergreens als auch Operettenchorstücke einstudiert. "Auch wenn es eine Herausforderung ist, es macht viel Spaß", sagt Johann Holzmüller, der noch singen will, "so lange die Stimme hält".

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SZ vom 26.06.2017
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