Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Mehr nehmen denn geben

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Die Saatgut-Börse im Puchheimer Rathaus ist weniger ein Ort des Austausches, als für viele eine Gelegenheit, billig an Samen für den Garten zu kommen. Einige Besucher aber bringen auch etwas mit.

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Alle Tische mit Saatguttütchen sind dicht umlagert. Die Saatgut-Börse im Puchheimer Rathaussaal funktioniert prächtig. Gut, es ist weniger eine Börse, weil das Geben und Nehmen recht einseitig passiert. Es ist mehr ein Nehmen und Abholen. Die meisten Besucherinnen und Besucher sammeln ein und verlassen mit vielen Samentütchen wieder aus Rathaus. Organisatorin Iris Sprenger hat das gewusst und 1200 Tütchen vorbereitet. Die gehen gut weg, erst zwei Stunden nach Eröffnung des Saatgutmarktes steht die "Kundschaft" nicht mehr in Zweierreihen an den Tischen.

Sprenger hat die 1200 Tütchen mit diversen Kräutern, Blumen- und Tomatenpflanzen und vielen Gemüsesorten zu Hause im Hobbyraum tagelang gepackt. "Da tun einem die Finger weh", sagt sie. Ihr ist aber auch die Freude anzumerken, dass sich der Aufwand gelohnt hat und die Resonanz auch bei der erst zweiten Auflage der Saatgut-Börse so überwältigend ist. "Fünf, sechs Leute haben auch etwas mitgebracht", schätzt Sprenger. "Das muss langsam wachsen." Auch Michael und Andrea Nanini haben Samentütchen dabei. "Chilis - rote und gelbe und Paprika grüne und rote haben wir dabei", sagt Michael Nanini. Sie haben sich dieses Jahr einen "Bürgeracker" in Puchheim gesichert und wollen dort Kräuter, Salat und Gemüse anbauen und ernten. Die dafür notwendigen Samentütchen hat Andrea Nanini eingesammelt. "Ich bin der Gärtner", erzählt Michael Nanini mit spürbarem Stolz. "Es wird aber unser Gemeinschaftsprojekt."

Katrin Scheunig hat seit vielen Jahren einen Schrebergarten an der Nordendstraße. "Ich interessiere mich für alte Samensorten", sagt sie und steht an einem ebenfalls dicht umlagerten Tisch. Johanniskraut, Schnittknoblauch oder Zwiebel Red Baron ist auf den Samentütchen zu lesen. Auf der anderen Seite lichtet sich das Angebot. So ist der lila Mohn schon weg, auch die Inka-Gurke gibt es nicht mehr. Dafür sind etwa zehn verschiedene Tomatensorten noch zu haben, auch Schnittlauchsamen sind noch genügend da. Auch von auswärts sind Hobbygärtnerinnen und -gärtner gekommen. Birgit Sötz und Lioba Suchenwirth sind aus Germering angereist. Sie suchen passende Pflanzen für ihre Gärten. Stauden- und Tomatensamen haben sie mitgenommen. "Naschtomaten für die Kinder habe ich eingepackt", sagt Sötz. "Wir experimentieren noch - was geht und was nicht", meint Suchenwirth. Auch Hans-Jürgen Ohlendorf ist von Germering nach Puchheim geradelt. Er zeigt sich "sehr begeistert von dieser Aktion". Er hält Schnittlauchsamen in der Hand und ein Tütchen "mexikanische Sonnenblume". Das soll eine stark gelb blühende Sonnenblume sein, die demnächst in seinem kleinen Garten wachsen soll.

Zuwachs für die Saatgutbibliothek

Iris Sprenger muss inzwischen immer wieder Fragen der Besucher beantworten. Der große Büchertisch zum Thema findet weniger Beachtung. Die Samentütchen, die übrig bleiben, kommen in die Saatgutbibliothek. Die befindet sich nebenan. Dort ist es zu den Öffnungszeiten möglich, Saatgut zu bringen und abzuholen. Das Projekt wurde vor zwei Jahren vom Puchheimer Umweltbeirat initiiert, um die bedrohte Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern. "Wir müssen einen langen Atem haben", so der Appell von Sprenger.

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