Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Waidler zu Gast in Puchheim

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Auf dem Puchheimer Volksfest gibt es das Heimattreffen "Made in FRG". Die Idee dafür stammt von Bürgermeister Norbert Seidl, der aus Freyung kommt.

Von Matthias Weigand, Puchheim

Es ist vielleicht der größte Freyung-Grafenau-Stammtisch außerhalb des Bayerischen Waldes. Auf dem Puchheimer Volksfest fand am Donnerstag das "Made in FRG"-Heimattreffen mit 90 Besuchern statt. Alle eint, dass sie ihre Wurzeln in Freyung- Grafenau oder sonst im Bayerischen Wald haben, inzwischen aber im Großraum München beheimatet sind. Einer der Ex-Waidler ist Norbert Seidl, der Bürgermeister von Puchheim.

"Wenn du da unten aufgewachsen bist, prägt dich das dein ganzes Leben lang. Man kennt die gleichen Berge, war auf der gleichen Schule und spricht den gleichen Dialekt. Das verbindet einfach", berichtet Seidl begeistert vom letzten Heimattreffen in München. Dort knüpfte er Kontakte zum Regionalmanagement Freyung-Grafenau, das die Veranstaltung organisiert. Ihnen schlug Seidl vor das Heimattreffen dieses Jahr auf dem Volksfest zu veranstalten. Seidl ist 1963 in Freyung geboren und in der Gemeinde Hohenau aufgewachsen. Über das Studium kam er dann nach München und wohnt seit 1991 in Puchheim. Er komme immer noch regelmäßig in seine Heimat. "Mindestens einmal im Jahr muss ich einfach auf den Lusen", sagt der Puchheimer Bürgermeister.

Erstes Treffen unterm Weihnachtsbaum

Die Idee für die Heimattreffen stammt von Sebastian Gruber, dem Landrat von Freyung-Grafenau. "Wir als Landkreis haben 2019 den Weihnachtsbaum auf dem Münchner Weihnachtsmarkt aufgestellt. Damit war auch ein Ausschank verbunden, den wir als Treffpunkt nutzen wollten", sagt Gruber. Der Landrat kenne so viele Menschen, die im Landkreis Freyung-Grafenau geboren sind, aber heute in München wohnen und arbeiten. Trotzdem hätten diese aber noch eine große Heimatverbundenheit. Er startete einen Aufruf an alle, die eine Verbindung zu dem niederbayerischen Landkreis haben, auf dem Stand am Münchner Weihnachtsmarkt vorbeizukommen. Mit ein paar Handvoll Leuten habe er damals gerechnet, doch es wurden mehr als 150. Wegen des großen Andrangs entschied er sich, das Treffen zu wiederholen. Nun fand es zum vierten Mal statt.

"Uns ist wichtig, dass die Nabelschnur zur Heimat nicht abreißt", beschreibt Gruber die Zielsetzung des Abends. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen aber der gleichen Heimat sollen so ins Gespräch kommen. Vor allem wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation von den Siebziger- bis Neunzigerjahren haben laut Gruber bis zu 75 Prozent eines Abiturjahrgangs den Bayerischen Wald verlassen. Heute hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Allerdings falle die Rückkehr schwer, wenn man sich in München erst einmal niedergelassen hat. "Heute kommen Leute zusammen, die aus der gleichen Region stammen, sich aber vorher gar nicht gekannt haben. Im Gespräch merkt man dann erst die Gemeinsamkeiten", sagt er.

So ist das auch bei dem in Grafenau aufgewachsenen Lothar Dembski und bei Wolfgang Krickl, der in Ringlai geboren wurde. Ihre Ortschaften sind nur ungefähr zehn Kilometer voneinander entfernt. Beide wohnen heute im Großraum München und sind für den gemeinsamen Austausch hergekommen. "Wir haben München auch zu dem Wohlstand verholfen, der heute herrscht", sagt Dembski. Ein Merkmal der "Waidler" sei, dass sie anfangs ein bisschen verhalten sind. Wenn man sich dann aber näher kennengelernt hat, seien sie jedoch sehr herzlich.

Diese Herzlichkeit vermisst Silke Müller manchmal in der Stadt. "Zu Hause sind die Leute einfach gemütlicher. Trifft man abends zufällig jemanden, geht man dann noch gemeinsam was trinken", sagt sie. Müller wollte unbedingt Postbotin werden, fand aber im Bayerischen Wald keinen Ausbildungsplatz und kam deshalb nach Freising. In der Rente will sie aber unbedingt wegen der ruhigen Natur zurückkehren. Dieses Heimatgefühl bringt für Gruber ein Spruch auf den Punkt. "Man bringt den Waidler aus dem Wald, aber nicht den Wald aus dem Waidler", sagt sie.

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