Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Völkerverständigung

Lesezeit: 2 min

Mit einem zweisprachig moderierten Themenabend widmet sich die Pfarrgemeinde Sankt Josef dem Thema Asyl. Flüchtlinge aus Syrien und Nigeria berichten, warum sie ihre Heimat verlassen mussten

Von Julius Nindl, Puchheim

Bereits außerhalb der Räumlichkeiten der Pfarrgemeinde Sankt Josef ist das Trommeln und Scheppern zu vernehmen. Strahlende Kinderaugen blicken in die versammelte Runde der Gemeinde, wohlwissend, dass die ungestüme akustische Begrüßung nicht nur für Zustimmung sorgen wird. Am Freitag haben sich etwa 80 Asylsuchende und Puchheimer Bürger zum bilingual moderierten Themenabend in der katholischen Gemeinde eingefunden.

Die Stadt beheimatet knapp hundert verschiedene Nationalitäten, unter ihnen aktuell 238 Asylbewerber. Einige von ihnen stellen sich auf einer Podiumsdiskussion den Fragen und Anregungen der Puchheimer. So auch der 22-Jährige Redwan Bakkoura, der in seiner Heimat Syrien als Koch arbeitete, bevor er über den Umweg Jordanien nach Deutschland kam und hier Asyl beantragte. Ruhig und mit Bedacht wählt er auf die Fragen der Moderatoren seine Antworten in bereits leidlichem Deutsch. Er lobt die Menschen und die gute Anbindung an die Metropole München. Auf die Frage, was denn in der Kleinstadt noch verbessert werden könne, antwortet der 22-Jährige augenzwinkernd: "Meine Sprache". Schnell hat der Syrer die Herzen der Puchheimer gewonnen. Passend zum Multikulti-Ansatz gibt der lokale Gospelchor "Chamäleons" einige Strophen zum Besten.

Die drei syrischen Geschwister Alkhalef schildern dann ihre Tagesabläufe - vom täglichen Schulbesuch bis hin zur nachmittäglichen Freizeitgestaltung unterscheiden sich diese nicht allzu sehr vom Leben anderer Jugendlicher aus der Region. "Der Spirit passt einfach", resümiert Bürgermeister Norbert Seidl. Sichtlich zufrieden zeigt sich auch Jens Tönjes, der geschäftsführende Beamte der Stadt.

Auch der 36-jährige Raphael Ajawuime aus Nigeria lebt nun in Puchheim. Er habe seine afrikanische Heimat wegen religiöser Diskriminierung und Verfolgung verlassen müssen, erzählt der katholische Christ. Sein Vater gehört einer nicht christlichen Glaubensrichtung an und erwartete von seinem Sohn, dass dieser sein Priesteramt übernimmt. Weil Raphael Ajawuime die Abkehr vom christlichen Glauben aber verweigerte, wurde er von religiösen Fanatikern bedroht und habe Todesängste ausgestanden, so Raphael Ajawuime.

Gebannt hängen die Besucher und die Vertreter der Pfarrgemeinde Sankt Josef an den Lippen des Ingenieurs, der seiner Tochter einen Namen gegeben hat, der ins Deutsche übersetzt bedeutet: "Gott ist mit dir". Abgerundet wird der Abend in Puchheim durch regionale kulinarische Spezialitäten aus den Herkunftsländern der Geflüchteten, die sie zusammen mit Helfern aus der Gemeinde selbst zubereitet haben. Die Verantwortliche des diakonischen Werks Fürstenfeldbruck, Michaela Dijakovic, lobt die Podiumsdiskussion als Beitrag zum Austausch. Ihr Wunsch: "Solche Abende könnten öfter stattfinden."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3024609
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.06.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.