Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Sportstunden auf Umwegen

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Am Gymnasium und der Realschule Puchheim steigt der Unmut wegen der nicht nutzbaren Turnhalle

Von Heike A. Batzer, Puchheim

Mittlerweile haben Georg Baptist und Herbert Glauz den 12. Plan für den Schulsport ausgearbeitet, obwohl das Schuljahr gerade mal sechs Wochen alt ist. Baptist leitet das Gymnasium in Puchheim, Glauz die nebenan befindliche Realschule. Beide haben seit Beginn des Schuljahres die Dreifach- und die Einfachhalle nicht zur Verfügung, weil darin Flüchtlinge untergebracht sind. Damit der Schulsport dennoch nicht ausfallen muss, werden die insgesamt 2000 Schüler zum Sport in andere Hallen gefahren, müssen im Freien Sport treiben oder in der Aula.

"Wir geben uns alle Mühe", sagt Baptist. Er ist sich aber bewusst, dass "das alles Notmaßnahmen sind". Dass er noch immer kein Signal aus dem Fürstenfeldbrucker Landratsamt erhalten hat, wann die Turnhalle wieder frei sein wird, ärgert ihn: "Das müsste irgendwann absehbar enden."

Zusätzliche Ausgaben für die Schülerbeförderung

An diesem Donnerstag wird sich der Kreisausschuss mit dem Thema befassen. Etwa 40 000 Euro, hat das Landratsamt ausgerechnet, werden für die zusätzliche Schülerbeförderung zu den Ausweichsportstätten und für deren Nutzung im Jahr 2015 fällig. Dabei steht längst nicht allen Schülern ein Bus zur Verfügung.

Die Schüler des gymnasialen Oberstufenkurses, der mittwochnachmittags in der Wildmooshalle von Gröbenzell Sport hat, müssen selbst sehen, wie sie die dreieinhalb Kilometer dorthin zurücklegen. Um pünktlich um 13.15 Uhr vor Ort sein zu können, verkürzt mancher die Mensapause, andere benötigen die Hilfe der Eltern, die sie chauffieren. Auch nach den anderthalb Stunden Sport wird es eng: Schon um 14.45 Uhr beginnt das P-Seminar - in den Räumen des Gymnasiums.

Zum Klettern mit zwei S-Bahnen

Anderes Beispiel: Kurs und Wahlunterricht im Klettern. Dazu müssen die Schüler nun mit der S-Bahn in die Kletterhalle nach Neuaubing fahren und von der S4 in die S8 umsteigen. Eine Doppelstunde reicht dafür nicht aus, deshalb gibt es mehr Zeit - und Blockunterricht. Dabei hätten die Puchheimer selbst Klettermöglichkeiten in ihrer Sporthalle. Das vergangene P-Seminar des Gymnasiums hatte sich darum gekümmert und sogar 10 000 Euro Sponsorengelder dafür gesammelt. Nun diene der neue Kletterbereich als Lager für den Caterer, der die Flüchtlinge versorgt, sagt Baptist.

Sport in der Aula stört andere Klassen

Insgesamt 130 Wochenstunden Schulsport haben Baptist und Glauz auf andere Hallen in Puchheim, Olching und Gröbenzell ausgelagert, doch das reicht nicht. Für 20 weitere Schulstunden bräuchten die beiden Schulen noch Hallenzeiten. Die Alternativen: Der Sport findet für manche Fünftklässler in der Aula statt, was aber Lärmbelästigungen für die angrenzenden Klassenzimmer zur Folge hat, oder gleich im Freien. "Bei strömendem Regen sind die Schüler dann eine halbe Stunde gelaufen", erzählt eine Mutter, die Kinder an Gymnasium und Realschule hat. Es waren freilich nur wenige, der Rest der Klasse habe sich krank schreiben lassen.

Der Not-Sport stößt freilich nicht nur an räumliche Grenzen, weil nicht alle Ausweichsportstätten gleichermaßen geeignet sind, sondern auch an zeitliche. Von einer 90 Minuten langen Sportstunde blieben effektiv 20 bis 40 Minuten, rechnet Gymnasialdirektor Baptist vor. Die restliche Zeit geht für das Hin- und Herfahren und das Umziehen drauf.

Ausweichsportstätten nur bis zu den Herbstferien

Deshalb ärgert er sich, dass er vom Landratsamt noch keine Auskunft darüber bekommen hat, wie lange der Zustand noch andauern soll. "Man fühlt sich wie ein Bittsteller", sagt Baptist. Es sei doch das Minimum, dass die Fahrten zu anderen Hallen finanziert würden, wenn man schon auf die eigene Halle verzichten müsse.

Die Nutzung der Ausweichsportstätten ist zunächst aber nur bis zu den Herbstferien ausgehandelt - und die beginnen in zehn Tagen. Der Landkreis prüft derzeit, ob es Zuschüsse vom Freistaat Bayern gibt.

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Quelle:
SZ vom 22.10.2015
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