Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Reitstallchef spricht von Rufschädigung

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Streit zwischen Betreibern des Lohfeldhofs und dem Veterinäramt könnte in die nächste Runde gehen, nachdem sich bereits das Verwaltungsgericht mit angeblichen Mängeln bei der Haltung von Pferden beschäftigt hat

Von Manfred Amann, Puchheim

Weil sich die Betreiber des Reitstalles "Lohfeldhof" zu Unrecht vom Fürstenfeldbrucker Veterinäramt an den Pranger gestellt fühlen, steht dem Landratsamt möglicherweise eine Klage ins Haus. Thomas und Karen Schießl aus Puchheim-Ort, die seit mehr als einem Jahrzehnt abseits der Bundestraße in einer von einer reizvollen Kulturlandschaft umgebenen Senke einen Reiterhof betreiben, überlegen, Schadenersatz für Einbußen einzuklagen. Sie begründen dies mit einem Image-Schaden, den ihrer Meinung nach die Behörde zu verantworten hat.

Die Hofbesitzer können sich dabei auf ein Gutachten des von der Regierung von Oberbayern und von der Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellten Sachverständigen Hubertus Lutz stützen, das alle vom Amt erhobenen Vorwürfe widerlegt hat. Wie vom Landratsamt bestätigt, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Behörde daraufhin aufgehoben. Dennoch tauchte laut Schießl die Kontrollgruppe erneut auf und untersuchte wiederum die Pferde, das Ergebnis liegt aber noch nicht vor.

Mitte Dezember 2018 waren Mitarbeiter des Veterinäramtes, darunter drei Tierärzte - "aber keiner mit Fachkompetenz Pferdhaltung" - angerückt, um auf eine Anzeige hin zu prüfen, ob die Pferde ordnungsgemäß gehalten und gepflegt werden. Die Anzeige habe ein "Probearbeiter" erstattet, den er zuvor wegen Unregelmäßigkeiten des Hofes verwiesen habe, so Schießl. Mehrere Stunden lang seien seine Reit- und Schulungspferde untersucht worden. "Das Ergebnis war ein Schock und völlig unverständlich", erklärt der Pferdehalter, denn von dem Tag an durften 19 Pferde nicht mehr im Reitbetrieb eingesetzt werden. Zudem sei die Auflage erteilt worden, 21 Pferde tierärztlich untersuchen zu lassen. Kot, Zähne, Blut und Parasitenbefall sollten dabei überprüft werden, zudem sei die Hufpflege einiger Tiere kritisiert worden. "Als wir den Bescheid gelesen haben, ist über uns die Welt zusammengebrochen, der Reiterhof ist schließlich unsere Existenz", so Schießl. Man kümmere sich um jedes Tier, alle Pferde würden individuell gefüttert. Selbst Tiere, die für den Reitbetrieb zu alt seien, bekämen auf dem Lohfeldhof ihr Gnadenbrot, erzählt der Hofbesitzer. Vernachlässigte Tiere wären den Reitern sofort aufgefallen. Selbst Kinder würden sofort merken, wenn es einem Tier nicht gut gehe, erläutert Schießl. "Nachlässigkeit würde für uns den Ruin bedeuten". Besonders ärgert den Pferdehalter mit Fachausbildung, dass man fachliche Erklärungen gar nicht habe hören wollen, sondern unverblümt mit der Schließung des Pferdehofes gedroht habe. Die Kommission sei mit Vorurteilen gekommen und habe ein unverhältnismäßiges, inkompetentes Auftreten an den Tag gelegt. Trotz allem wollen die Schießls alle Auflagen des Veterinäramtes umgehend erfüllen, um möglichst zügig wieder den Normalbetrieb aufnehmen zu können. Das Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen bescheinigt, dass die Pferde ordentlich gehalten werden. Die Haltung in dem modernen Aktivstall wird als "optimal" bewertet. Rangordnungsstreitereien, der Koppelgang oder das Herumliegen könnten ständig Veränderungen am Fell hervorrufen. Daraus Schlüsse auf Mängel in der Tierhaltung zu ziehen, sei unprofessionell. Auch der Ernährungszustand sei nicht zu beanstanden, schreibt der Fachtierarzt. Sein Fazit: "Es gibt im Stall Schießl weder Schmerzen noch Leiden oder Missstände." Weiter heißt es: "So gut wie alle Feststellungen der Amtstierärzte waren falsch".

Das Veterinäramt indes weist diese Sichtweise zurück. Der Sprecherin des Landratsamts, Ines Roellecke, zufolge ist das Verfahren vom Verwaltungsgericht eingestellt worden. Das allgemeine "Gegen-Gutachten" habe den Richtern nicht genügt. Es sollten noch tierbezogene Gutachten nachreicht werden. Da diese nicht zeitgerecht vorgelegt worden seien, sei eine Nachkontrolle der gesperrten Pferde erfolgt - deren Ergebnisse noch nicht vorliegen. Laut Gutachter ist es bei der ersten Prüfung auch deswegen zu den negativen Untersuchungsergebnissen gekommen, weil die Tiere durch das Auftreten der "Kontroll-Kommission" in Stress geraten seien. Für Karen und Thomas Schießl steht dies außer Frage. Das Vorgehen des Veterinäramtes habe ihnen erhebliche Einbußen und einen Image-Schaden eingebracht, der nur schwerlich wieder zu beheben sein werde. Mehrere Besitzer, die ihre Pferde eingestellt hatten, hätten diese abgezogen und zwei Reitlehrer hätten aus Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, gekündigt.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2019
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