Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Frühlingsgefühle im Herbst

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Heiter-besinnlicher Kammermusikabend im Puc

Von Klaus Mohr, Puchheim

Der Frühling im Herbst? Viele der Konzertbesucher des Kammermusikabends im Puchheimer Kulturzentrum Puc müssen den Eindruck gehabt haben, dass das Motto des Konzerts "Ein Frühlingsprodukt" eine Reaktion auf die aktuellen Wetterkapriolen sein muss. Der Gedanke war hier aber mehr musikalischer Natur: Die drei Werke des Programms weckten atmosphärisch Frühlingsgefühle, die mit Offenheit und Heiterkeit zu beschreiben sind. Zu Gast waren 12 Instrumentalisten aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz sowie eine Sängerin.

Der Musik von Paul Hindemith haftet oft der Ruf an, sehr ernst und kühl zu sein. Seine Kleine Kammermusik op. 24 Nr. 2, die zu Beginn erklang, bewies, dass seine Kompositionen auch witzig und sehr kurzweilig sein können. Im Kopfsatz, der mit "lustig" überschrieben ist, wurde eine muntere Unterhaltung zwischen den Instrumenten Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott hörbar. Hier wurden die Motive nicht nur an den nächsten Spieler weitergereicht, sondern es wurden auch neckische Zwischenrufe platziert. Der Walzer hatte ein durchgängiges Fundament, doch "störte" die Oberstimme bisweilen kokett den tänzerischen Fluss. Klanglinien formten den Verlauf im nächsten Satz, und der Schlusssatz (sehr lebhaft) kontrastierte akkordische Klangblöcke mit frechen Einwürfen einzelner Instrumente.

Den wenigsten Zuhörern dürfte das Werk "Il Tramonto" für Mezzosopran, zwei Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass von Ottorino Respighi bekannt gewesen sein. Es war daher hilfreich, dass das Programm eine deutsche Übersetzung des italienischen Originaltextes enthielt. Das lyrische Poem entstand an der Schwelle zum Ersten Weltkrieg, sozusagen im übertragenen Sinn dem Ende des Frühlings. Es thematisiert eine Liebesnacht, nach der der Jüngling stirbt und seine Geliebte zurücklässt, die ihr Schicksal annimmt. Für den Hörer war der Textverlauf nicht unmittelbar mitzuverfolgen, was auch nicht erforderlich war. Vielmehr gelang es den Musikern, ihr Publikum in den Einschwingvorgang auf die Stimmung der Musik mitzunehmen: Liegeklänge in den Streichern bereiteten den Boden für die einfühlsamen Linien der Sängerin. Die Innigkeit des Klangs, die durch das dichte Legato entstand, wurde bereichert durch die umgarnenden Tongirladen der Violinen. Dadurch stellte sich auch allmählich ein ganz sanftes Wogen ein, das eine geborgene Behaglichkeit vermittelte.

Nach der Pause erklang das Quintett für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello op. 88 in F-Dur von Johannes Brahms. Der Kopfsatz hatte zwar die für Brahms typische Erdverbundenheit. In den wohligen Gesamtklang mischten sich aber lichte Kantilenen zur gezupften Bassstimme, so dass der direkt ansprechende Charakter in purer Harmonie bestimmend war. Sehnsüchtige Melodien in Terzen und ein Aufblühen der Dynamik wurden im Mittelsatz von der tänzerischen Grazie des nächsten Abschnitts abgelöst.

Bei diesem Konzert gab es wieder ein Vorprogramm der Musikschule Puchheim. Zu hören waren die vier jungen Sängerinnen Laura Beckmann, Julia Brenner, Silvia Brenner und Nicola Schwarz aus der Gesangsklasse von Daniela Hennecke. Sie interpretierten vier verdoppelte Duette von Dvořák und Brahms, am Klavier sehr umsichtig von Peter Marino begleitet. Auch dieser Programmpunkt fügte sich in die Frühlingsatmosphäre ein, denn in den jungen Damen vereinte sich technische Versiertheit mit zupackender Frische des Vortrags.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2018
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