Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Entlastung für die Angehörigen

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Das Demenz-Café bietet der Puchheimer Sozialdienst nun schon seit zehn Jahren an. Am Sonntag öffnet es für alle seine Türen

Von Quirin Knospe, Puchheim

Die wachsende Lebenserwartung lässt die Zahl der Demenzerkrankungen mehr und mehr steigen - in Deutschland sind es mittlerweile rund 1,8 Millionen Patienten. Die Krankheit ist meist nicht nur für die Betroffenen eine große Herausforderung, auch die Angehörigen werden durch die tägliche Pflege oft an ihre Belastungsgrenze gebracht. Um diese pflegenden Angehörigen zu entlasten, entstand vor zehn Jahren das Café Sorglos in Puchheim. Der Arbeitskreis Demenz im Mehrgenerationenhaus Puchheim öffnete im Oktober 2012 unter dem Motto "Mittendrin - Leben mit Demenz" die Türen für ein Betreuungsangebot, das Demenzkranken Beschäftigung sowie Struktur im Alltag und den Angehörigen eine Auszeit bietet.

Zweimal die Woche, Montag und Mittwoch, können Menschen mit beginnender Demenz das Café Sorglos im Puchheimer Mehrgenerationenhaus von 14 bis 17 Uhr besuchen. Dort haben sie die Möglichkeit bei Kaffee, Kuchen und anschließenden Beschäftigungen den Nachmittag zu verbringen. Die Nachmittagsgestaltung fällt je nach Interessen der Teilnehmer ganz unterschiedlich aus: "Es kommt ganz darauf an, was den Menschen Spaß macht, die hier sind", erklärt die Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses, Roswitha Fischer. So können die Gäste selbst entscheiden, ob sie Singen, Musizieren, Basteln oder auch an kleinen Bewegungsangeboten teilnehmen möchten. Betreut werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei von geschulten Ehrenamtlichen unter der Aufsicht einer fachlichen Leitung. "Es ist wichtig, dass alle Beteiligten um die Demenz wissen und wie sie damit umzugehen haben", sagt Fischer,

Das Angebot des Café Sorglos nutzt ein 77-jähriger Puchheimer mittlerweile seit mehr als drei Jahren. Seine Frau hatte Ende 2018 einen Schlaganfall erlitten, der ihre kognitiven Fähigkeiten zunehmend einschränkte. Seitdem kümmert er sich zu Hause um sie. Vom Angebot des Mehrgenerationenhauses hatte er damals in der Zeitung gelesen. "Gegen das Wort Demenz-Café habe ich von Anfang an opponiert. Meine Frau hat gesagt, sie muss da nicht hin, sie ist ja nicht dement. Es will ja auch keiner über sich hören, dass man krank ist", sagt der Puchheimer. Seine Frau habe den Pflegegrad drei und brauche mittlerweile permanent jemanden um sich: "Länger, als zum Einkaufen, kann ich sie nicht allein lassen." Sie sei zwar nicht vollkommen unselbstständig, erklärt der Puchheimer, sie benötige aber vielfältige Unterstützung.

Für ihn ist es selbstverständlich, dass er sich um seine Frau kümmert, aber "es ist schon eine mühselige Angelegenheit. Meine Freizeit ist von zehn Uhr auf der Nacht bis neun Uhr morgens, also so lange meine Frau schläft", erklärt er. "Das Angebot ist für mich eine gute Gelegenheit auch mal drei Stunden was anderes zu machen. Ich kann die Zeit, wie es gedacht ist, nicht richtig für mich nutzen, sondern ich erledige in dieser Zeit eher die Arbeiten im Haus und Garten." Da die Familie im Ausland lebe, sei er froh, dass es ein solches Entlastungsangebot in der Nähe gäbe. "Das ist schon großartig. Die Mitarbeiter machen das mit sehr viel Einfühlungsvermögen, sodass meine Frau sehr gerne hingeht." Begeistert sei sie vor allem von einem Teilnehmer, der dort oft mit seiner Ziehharmonika spiele: "Das gefällt meiner Frau besonders."

Das Café Sorglos veranstaltet am Sonntag, 18. September, von 14 bis 17 Uhr einen Tag der offenen Tür für Betroffene, Angehörige oder Interessierte in den Räumen des Sozialdienstes Nachbarschaftshilfe Puchheim.

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